Es war 1964, als ich in Prenzlau (Uckermark) geboren wurde. Ob es ein magisches Jahr für einen angehenden Metalfreak sein sollte,war zu diesem Zeitpunkt noch
nicht abzusehen. Allerdings war es mir so vergönnt, die metallischen 80-er Jahre in einem Alter mitzuerleben, wo ich stets selbst entscheiden konnte, was
abläuft. Bereits Mitte der 70er Jahre wurde ich schon mit dem etwas härteren Teil der Rockmusik vertraut gemacht. Zwar liefen im DDR-Rundfunk bereits Songs
von Deep Purple (später sogar eine Lizenz-LP auf AMIGA), Led Zeppelin, Black Sabbath oder UFO - aber der ältere Bruder eines damaligen Klassenkameraden hatte
noch weitaus mehr zu bieten. An sogenannten "sturmfreien Wochenenden" liefen dann erste Sessions, wo auf Spulentonbändern mitgeschnitten wurde, was das Archiv
jenes älteren Bruders hergab. KISS erlangten allmählich Bekanntheitsgrad (obwohl diese Band niemals im DDR-Rundfunk gespielt wurde) und hinterließen
durch Sound und Optik einen bleibenden Eindruck. Etwas härter waren dann noch AC/DC, die zumindest im Rundfunk gespielt wurden und später bei AMIGA mit der
Lizenzpressung von "Highway To Hell" ein Stück Vinyl für alle DDR-Metal-Fans veröffentlichten. Im Sommer 1979 zog ich dann nach Hoyerswerda und ein
neuer Lebensabschnitt begann, ebenso neue Freunde kamen hinzu. Nun begann die Zeit, wo im Ost- oder West-Rundfunk ziemlich oft Heavy Metal gespielt wurde und ich
ließ bei jeder sich bietenden Gelegenheit die Bandmaschine mitlaufen. Einfach so die Platten der Faves kaufen war damals nicht so möglich wie heutzutage.
Dazu musste man schon gute Beziehungen in den Westen haben oder zumindest die Reise nach Budapest antreten. Zum Glück kannte ich einige Leute, die es mir
ermöglichten, ein relativ gutes Archiv zusammenzutragen, was allerdings auch nicht gerade billig war. Angesagt waren seinerzeit vor allem Judas Priest, Iron
Maiden, Motörhead usw. - als dann im Februar 1984 im ZDF die legendäre "Rock-Pop-In-Concert"-Nacht lief, wo alle Faves vertreten waren, die jedem Metaller
das Herz höher schlagen ließen, war dann eh alles zu spät. Für mich und viele andere entstand nun im Heavy Metal eine Art Lebensform, die bei mir
auch heute noch anhält. Ich nahm alles mit, was kam und Gleichgesinnte konnte man damals noch massig finden. Neben der großen internationalen Szene
entstanden auch in der DDR allmählich einige Heavy Metal Bands. Formel 1 wurden als eine der ersten Metal-Bands der DDR durch Rundfunk und Konzerte bekannt.
Bei einem Konzert in der "Scholz-Halle" in Hoyerswerda (etwa 1984/85) lernte ich mit meinem damaligen Kumpel Bucke, die Band nebst Crew persönlich kennen. Es war
gerade Wochenende und sie fragten uns, ob wir nicht Lust hätten, sie zu ihrem nächsten Auftritt zu begleiten. Oh Mann, das war überhaupt die Sensation!
Wir fuhren im bandeigenen LKW mit nach Zwickau, wo wir auch gleich mit in die Vorbereitungen zum dortigen Auftritt integriert wurden. Mit Gitarrist Wolle stand ich
sehr lange in Kontakt und konnte nun vor einiger Zeit wieder dort anknüpfen. Aber auch andere Bands waren interessant. Am Wochenende war fast immer ein Konzert
angesagt, ob nun in Neupetershain, Ruhland, Terpe oder Cottbus - wir haben manche Bands so oft gesehen, daß wir deren Programmablauf schon auswendig kannten
(Pharao, Plattform, Biest, Argus usw.) So um 1985 rum hatte ich dann ein "Pappauto" (Trabant) und nun ging es richtig los, denn jetzt konnten wir auch weitere Touren
unternehmen. Samstag nachmittag wurde die "Heavy-Stunde" nach Konzert-Terminen abgehört - dann gleich rein ins Auto und los. Es waren Kumpels wie
Akki, Lötzsch, Wille, Ali, Männel, Bolle oder Frenzel, von denen immer einige mit unterwegs waren. Dann traf man sich mit der Spremberger und Senftenberger
Metal-Szene - es entstand damals ein sehr großer Zusammenhalt. So kam es eines Tages in Bohnsdorf (bei Berlin) zu der fazinierenden Begegnung mit der Band
BLACKOUT (noch in der Urbesetzung). Alles bisherige wurde irgendwie uninteressant, denn hier entstand eine neue Ära. Blackout war die erste Band,die einen
gewissen Härtegrad erreichte und Songs von Metallica, Anthrax, S.O.D. und Slayer präsentierte. Auch hier war es mir möglich einen länger
andauernden Kontakt mit der Band herzustellen, vor allem mit Gitarrist Jochen. (Immerhin wurde ich bei den Greetings der Depressive Age-CD "Lying In Wait" bedacht,
was auch heute noch Stolz in mir erweckt.) Doch es kommt noch besser und härter, denn Blackout hatten stets eine Band im Schlepptau, die den Härtegrad der
damaligen Zeit voll trafen: DISASTER AREA. Die coverten Songs von Carnivore, Celtic Frost oder Voivod und selbst die bandeigene Hymne "Another Beer Is What I Need"
war einfach nur geil. Wenn Sänger Brutus in seinem Mönchsgewand die Bühne betrat, wußte jeder der Anwesenden, daß gleich die große
Action losgeht - so eine Show würde ich gerne auch heute noch einmal miterleben. Auch hier wurde ich sehr schnell mit Sänger Brutus bekannt und es gab wohl
nur wenige Auftritte beider Bands, die ich nicht gesehen habe. Jedes Konzert wurde zur Pflichtfahrt und unter den Kumpels entstand jedes Mal eine Rangelei, wer im
"Pappauto" mitfährt, denn die Bahnverbindungen waren auch nicht unbedingt die Besten und bei relativ weiter Entfernung konnte so eine Zugfahrt schon zu einer
Odyssee werden. Die Konzerte fanden ja meistens an etwas abgelegenen Orten statt. Bald hatten aber mehrere Kumpels auch einen fahrbaren Untersatz, was es vereinfachte,
zusammen etwas zu unternehmen. Mit einem Grinsen denke ich heute noch an Akkis "Kugelporsche", einem 500-er Trabant. An dem Teil war einfach alles fertig und auf
jeder Tour musste die obligatorische Reperatur eingeplant werden, wozu Akki auch gleich alles parat hatte (Schlosserkombi,Werkzeug usw.) Es war immer ein Hoffen,
noch rechtzeitig zum Konzert einzutreffen. Aus heutiger Sicht betrachte ich diese Aktionen einfach als KULT. Einmal war es dann wohl soweit und es sollte
tatsächlich eine Art "Metal-Festival" geben. In der "Heavy-Stunde" wurde über einige Wochen hinaus durchgesagt, daß bei oder in Eberswalde
(so ganz genau weiß ich es heute nicht mehr) mehrere Heavy Bands bei einem Event auftreten sollten. Blackout war jedenfalls auch dabei, was schon ein ganz
besonderer Grund war, die Reise dorthin anzutreten. Diesmal allerdings mit der "Deutschen Reichsbahn", denn für 15 Monate durfte ich meine "Fahrerlaubnis" abgeben.
Egal, im Zug konnte man schon gut vorfeiern. Bei der Ankunft fiel uns doch glatt die Kinnlade herunter, denn es war eine regelrechte Völkerwanderung an
Metal-Fans, die alle zum Veranstaltungsort wollten. Aus der ganzen DDR waren Metal Fans angereist, was eindeutig zu viel war für das Fassungsvermögen jenes
Clubhauses. Zudem verbreitete sich durch diesen Massenauflauf und der angeheizten Stimmung eine Art Angst und Panik bei der anwohnenden Bevölkerung, so dass ein
ABV (Polizist) herbeigeholt wurde. Hahaha, der konnte auch nichts bewirken und beeindruckte die anwesenden Metal-Fans in keinster Weise. Draußen vor diesem
"Clubhaus" war die Stimmung auf dem Höhepunkt. Jeder versuchte auf irgendeine Weise das Innere des Gebäudes zu erreichen (es gab sogar Leute, die an der
Dachrinne hochgeklettert sind) - alsbald gingen auch die ersten Scheiben zu Bruch. Hier war echt Party pur und vor allem absolut einmalig, denn es war noch das
DDR-System am Ruder. Als Polizeiverstärkung mit Hundeskorte anrückte, wurde der Mob, der sich vor dem Gebäude aufhielt, allmählich aufgelöst.
Ob es Festnahmen gab,entzieht sich meiner Kenntnis - vielleicht findet sich mal jemand, der auch dort war und nähere Einzelheiten zu berichten weiß.
Blackout konnte ich an diesem Wochenende jedenfalls nicht mehr sehen, jedoch ergab es sich, daß ich an einem anderen Wochenende Blackout zu Hause, genauer in
ihrem "Madhouse" besuchte und dort auch übernachtete. Das war auf jeden Fall mal wieder ne ganz coole Sache. Alle wohnten in diesem Haus und so konnte ich mich
mit jedem ein wenig unterhalten ohne dass Konzertstreß vorhanden war. Auch die Jungs von Disaster Area kamen vorbei und zusammen gingen wir abends noch in einen
Schuppen, der "ABI" oder so ähnlich hieß. Was hier ablief, kannte ich bis dahin nur aus "Metal Hammer-Berichten". Hier wurde die neueste und härteste
Metal-Mucke aus der Konserve abgespielt und der Laden war brechend voll mit "Kuttenträgern". Als ich dies meinen Kumpels in Hoyerswerda berichtete,war schon eines
vorprogrammiert: Der nächste Ausflug geht nach Berlin-Weißensee, aber der Andrang beim "ABI" war sehr groß, so daß es nicht sehr einfach war,
dort reinzukommen. Irgendwie schafften wir es dennoch und keiner der Kumpels war enttäuscht von meinen Ankündigungen. Dies waren jetzt nur einige Erlebnisse
aus den 80ern, denn ich wollte nun auch nicht den Rahmen dieser Rubrik sprengen. Aber ein Wunsch blieb immer offen: Eines Tages auch mal die Originale zu sehen,
die von all den Ost-Metal-Bands gecovert wurden. Ab Sommer '89 war es dann soweit - über Ungarn verschwanden die ersten Kumpels und noch vor dem großen
Mauerfall war auch ich im Westen. In alle Himmelsrichtungen verstreut hat man sich inzwischen völlig aus den Augen verloren. Viele werden auch keinen Bezug mehr
zum Metal haben, aber mit Sicherheit einige gute Erinnerungen an die Jugendjahre, die doch vom guten alten Heavy Metal geprägt wurden. Solch einen Zusammenhalt
wie damals gibt es heutzutage nicht mehr. Ich bin hier in Kassel hängengeblieben, wo in Bezug auf Heavy Metal absolut "tote Hose" ist. Trotz allem ist mein Leben
noch immer Heavy Metal pur und meine Sammelleidenschaft hat inzwischen Ausmaße angenommen, die weit über die Normalität hinaus gehen. Es ist halt wie
eine Sucht - Metal-Platten und -CDs zu erwerben. Gern würde ich wieder mit alten Zeitgenossen in Kontakt kommen - vielleicht bietet sich hiermit eine
Möglichkeit. |