FORMEL 1 (INTERVIEW 2001)

Autogrammkarte von 1985
Hier habe ich noch ein Interview aus dem Jahre 2001 für euch, welches "The Holgman" vom "Metal Obscene" mit Wolfgang Densky führte. Allerdings war die Quelle nicht sehr präzise, aber ich habe versucht, das Beste draus zu machen. Aber lest einfach selbst:

So Wolle, Du bist Gitarrist der DDR Kultmetaller FORMEL 1 und wenn ich mich nicht täusche, wart Ihr überhaupt die erste Metalband in der damaligen DDR.
Die erste Metalband in der DDR warn wir nicht, aber wir warn die erste, die offiziell anerkannt wurde, vor allem von den Medien.

Seit einiger Zeit gibt es FORMEL 1 wieder. Seit wann genau? Das erste Mal hörte ich von der Reunion ca. im April/Mai letzten Jahres. Ihr solltet in Schwerin spielen.
Weiß ich nicht. Nee, davon war mir nichts bekannt. Reunion ist auch der falsche Ausdruck. Wir haben nach der Wende praktisch wieder mit der ganzen Geschichte angefangen und eigentlich nur aus Spaß gehört, wir haben uns wieder getroffen, da wir ja jahrelang nichts zusammen gemacht haben und haben wieder zusammen gespielt und da sind ja Leute dabei, die haben fast zehn Jahre ausgesetzt. die haben's probiert und jetzt geht's wieder (lacht).

Ich dachte, der Auslöser dazu war der CDRelease Eures "Live im Stahlwerk"Albums via High Vaultage und Ihr hattet Euch im Anschluß langsam Gedanken gemacht, die Band wiederzubeleben, da ja vielleicht ein gewisses Interesse an Euch bestand.
Na ja, nee, eigentlich nicht, so war das nicht, hähähä. was haben wir gemacht? Wir haben einfach angefangen, wieder zu spielen. Bis jetzt haben wir gekuckt, ob wir auch an ein paar Mucken rankommen, aber da ist auch nicht viel gewesen. Also im Prinzip sind wir momentan dabei wieder aufzugeben.

Das hört sich nicht gut an.
Nee, na ja, es ist einfach mal, das Publikum ist nicht mehr da, so wies früher war. Das ist gar nicht mehr so für uns.

Na ja, ab und zu vielleicht mal so ein Einzelgig, oder was?
Na ja, wir haben's gemacht, haben's ja versucht. Da passiert nichts mehr.

Und jetzt nur noch so für Euch in der Garage, oder?
Ja, so war ja die Idee von Anfang an, daß wir das erstmal nur für uns machen und dann mal kucken, ob sich da auch was anbietet. So haben wir's ja auch mal ein paar Wochen gemacht, aber das ist alles nichts richtiges.

Aber Ihr spielt weiterhin ab und zu für Euch und wenn Ihr mal ein Angebot kriegt, dann fahrt Ihr auch hin, oder wie läuft das dann?
Na ja, es kommt drauf an. Die Angebote, die wir bis jetzt gekriegt haben.... Wir haben gerade letztens gehabt, daß wir in Leipzig irgendwo für 500 Mark spielen sollten, hähä. Die Anlage alleine kostet schon 1.500 Mark, also eigentlich lächerlich die paar Mark. Da brauchen wir eigentlich nicht drüber reden. Na ja, so ist das Ganze eigentlich. Als Abschluß sagen wir mal, das hat uns zum Schluß im Prinzip den Rest gegeben, halt jetzt zu sagen, wir haben 'nen ziemlich großes Festival gemacht mit dem Sven Rappolt, weißt Du, kennst Du den, dem vom Halford hier in Berlin.

Ja, der war bei METALL, richtig?
Ja, Genau, früher. Der hat 'nen ziemlich großes Ding angeleiert, ein Metalfestival mit drei Konzerten, in Oschatz, Vetschau und Glauchau war das, gute Werbung und alles und da haben wir unter anderem in Glauchau gespielt und es waren fast 1.000 Mann da, ach na ja, gerademal 50 Mann und in Vetschau waren wir vielleicht 80, weißt Du. Da war das Publikum einfach nicht mehr da.

Mit Metalkonzerten haben manchmal auch große Bands ganz schön zu nagen, daß manchmal weniger kommen als erwartet. Der Markt ist einfach übersättigt.
Ne, das ist klar, bloß ich sag mal, wir haben unsere gute Zeit gehabt und wir müssen das nicht mehr unbedingt haben, also wenn du wirklich nur noch mitbringen mußt. Weißt Du, was ich meine?

Wer ist denn alles dabei, alles originale ehemalige FORMEL 1Leute? Im UNITED FORCES gab ja Sänger Norbert bereits im letzten Jahr ein Interview und auf den dort abgebildeten Fotos erkenne ich natürlich den Norbert, Drummer Paule, Dich und wahrscheinlich Basser Detlef. Nur den zweiten Gitarristen erkenne ich nicht. Wer ist das?
Das ist Michael Sünermann, der war damals zu DDRZeiten bei BAUHAUS und er war der letzte Gitarrist, den wir hatten.

Ich habe Euch mit ihm auch nicht mehr live gesehen.
Das kann sein. Na ja, das letzte Jahr hat der gemacht, dann hat er aufgehört.

Ihr seid bereits im etwas gehobenen Alter, einige gerade noch so erkennbar, die Haarpracht ist auch bei einigen leicht oder etwas mehr dahin. Aber Ihr seid im tiefsten Innern noch die totalen Fans?
Na ja, die Musik läuft schon in der Woche tagtäglich hoch und runter bei uns, nur daß wir es nicht mehr so selber machen. Sagen wir mal, der Beruf ist zum Hobby mutiert, wir machen so ein bißchen nebenbei noch was. Also das bringt's einfach nicht mehr. Der Aufwand ist zu groß, du mußt täglich proben und arbeiten, halt tun und machen und dann spielst du dann vor 50 Leuten in irgendwelchen Säälen, das bringt nichts.

Deprimierend ist das dann ein bißchen, nicht wahr?
Na ja, für uns nicht so, weil wir sind da so rangegangen und haben uns das ja schon gedacht. Ich meine, wir kennen ja auch die Verhältnisse, wie sie damals im Westen waren und die sind ja jetzt für uns auch maßgeblich.

Interessiert Euch heute noch die Szene, beobachtet Ihr weiterhin Eure alten Faves IRON MAIDEN, SAXON und JUDAS PRIEST. Wie findest Du deren letzten Scheiben?
Also, ich selber nicht mehr, aber ich denk mal so, Norbert ist da mehr noch der Fan, der da intensiv mitmacht.

Auch wenn einige wie JUDAS PRIEST so ein bißchen moderner klingen, das gefällt Dir?
Ja, das ist okay. Wenn ich die höre, gegen die anderen moderneren New Metal-Bands und so klingen sie immer noch wie die Alten.

Hör Dir erstmal die neue PRIEST an. Da hörst Du RAMMSTEIN und so was alles raus. Ich habe die schon vorab hier. FORMEL 1 wurden, glaube ich, 1981 gegründet. Ihr spieltet vorher sicherlich in anderen Bands, aber kanntet Euch wohl. Kannst Du Dich noch an die Gründung erinnern, wie es damals begann und die erste Zeit der Band?
Jaja, nee, es gab ja vorher eine Band, die hieß JOCO DEV, kennt man vielleicht noch so, so die älteren Leute, die in unsrem Alter sind, kennen die Band bestimmt noch. Das war eine ziemlich bekannte Band in Berlin . aus der Band ist eigentlich FORMEL 1 entstanden.

Ihr spieltet bei Euren Auftritten - damals lief es noch unter dem Namen "Jugendtanz"!!! mit FORMEL 1 - vorwiegend nur Songs von SAXON, JUDAS PRIEST und IRON MAIDEN, neben ein paar eigenen Sachen. Das waren Eure absoluten Idole, richtig?
Das waren, sag ich mal, die uns am meisten beeinflußt haben. Ich meine, die ersten eigenen Titel, die wir dann gemacht haben, waren ja eigentlich streng daran angelehnt. Ja, wir haben jahrelang so nachgespielt und die eigenen Sachen werden natürlich davon beeinflußt.

Aber immer nur diese drei Bands? Was anderes habt Ihr nicht gecovert, jedenfalls habe ich nie was gehört.
Na ja, es gab schon noch ein paar andere, vor allen Dingen in der Anfangszeit haben wir auch noch andere gemacht. Das ging los mit ZZ TOP, damals haben wir auch noch DEEP PURPLE gespielt, all so was. Da gab's schon noch verschiedene Sachen.

Um im Rundfunk gespielt zu werden, mußtet Ihr auch eigenes Material bieten. Damals hatte ExPUHDYSDrummer Günther Wosylus ein Studio für junge Nachwuchsbands, die dort ihre Demos aufnahmen und Ihr habt dort auch Eure bzw. Euren ersten Song aufgenommen. Weißt Du noch, welcher bzw. welche es waren?
Uh, das ist schon so lange her, warte mal. Ich glaube, "Willste nich uffstehn" ist völlig von Wosylus im Studio, oh da war noch einer, vier Titel haben wir dort aufgenommen.

"Mensch Rosie" war auch mit einer der ersten, oder?
Jaja, das war da, also da fragste mich ein bißchen zuviel, weiß ich gar nicht mehr genau, was da bei Wosylus war. Das war genau der erste gewesen. "Willste nich uffstehn" aber auf jeden Fall in der Zeit, wo wir noch bei JOCO DEV gespielt haben.

Die landeten in der Beatkiste damals auch, glaube ich, auf Platz 1 und verwies die alten DDRRocksaurier auf die Plätze, das sogar wochenlang!?
Ja, kann sein.

Das macht auch ein bißchen stolz, oder?
Na ja, klar. das war ja auch die alten, na ja, im Osten war das schon eine kleine Revolution mit so einer Art Musik überhaupt in den Medien zu erscheinen und dann noch auf den vorderen Plätzen zu liegen.

Damals hattet Ihr einen tschechoslowakischen Gitarristen in der Band, so ein Lockenkopf mit großer Brille. Habe noch alte Bilder mit ihm. Wie hieß der überhaupt, den Namen habe ich nirgends gefunden.
Das war der Andrej Horvath, der war vorher der kam aus Tschechei, der war auch mit KOLLEGIUM MUSIKUS zusammen, die auch bekannt sind.

Die Truppe kenne ich auch noch von der Notenbude her.
Ja, der ist aber inzwischen verstorben.
Oh, der lebt nicht mehr? Ihr wart ja auch ziemlich schnell Profimusiker geworden, was in der DDR gar nicht so einfach war, denn besonders als Heavy Metal/Hard RockBand war man beim Vater Staat nicht gerade sehr beliebt, denn dieser wollte lieber hart arbeitende Menschen und keine hardrockenden langhaarigen Wilde in seinen Reihen.
Ja, so ist es, das war eine schwierige Zeit. Das ging erst, als sie nicht mehr an uns vorbeikonnten. Wir hatten damals relativ viel Erfolg gehabt und dann haben sie uns doch gefördert, mußten sie wahrscheinlich. Freiwillig haben sie das sicherlich nicht gemacht.

Wie erfolgte überhaupt die Bezahlung bei Euch als Profimusiker, denn Ihr durftet nach Einstufungen nur eine bestimmte Summe verdienen. Mußte die übrige Kohle an das Kulturministerium abgeliefert werden, wenn Ihr bei vielen Auftritten viel eingenommen hattet bzw. einen Monat oder so mal weniger Auftrittsmöglichkeiten hattet? Ihr mußtet zwar alles alleine organisieren, aber der Staat hat sich doch einen Großteil eingesackt, Geld für das er nix getan hat oder wie lief das?
Nee, eigentlich nicht, so war das nicht. Das war eigentlich ähnlich wie heute, der Preis war eigentlich Verhandlungsgrundlage und Verhandlungsbasis und dann hat man mit den Veranstaltern verhandelt und der Preis wurde dann ausgezahlt und da hat der Staat eigentlich nichts von abgekriegt. Wo er mit verdient hat, war bei Plattengeschichten mit Plattenverkäufen.

Habt Ihr dafür was gekriegt?
Ja, aber nicht viel.

Unterstützung gab's keine, auch beim besorgen von vernünftigen Instrumenten und Anlagen. Da wart Ihr auf Euch alleine gestellt und nur mit Beziehungen aus dem Westen (Westberlin!) möglich!?
Ja, das war eindeutig so, da hat uns keiner geholfen. Da haben wir ja am meisten gespielt, um unsere Anlagen zusammenzubekommen. Es ist ja nicht wie heute, daß man sich da eine Anlage bei Konzerten angemietet hat oder der Veranstalter die Anlage gestellt hat. Da hat ja jede Band seine eigene Anlage gehabt. Wer viel Geld hatte, hatte eben eine gute Anlage.

In der "Live im Stahlwerk"-CD schreibt der Norbert, die PUHDYS und KARAT haben von ihren Westtrips immer Equipment mitgebracht und dieses ziemlich teuer in der DDR an Bands verhökert. Besonders KARAT schienen mir durch ihre Westauftritte ziemliche Höhenflüge bekommen zu haben. Die waren mächtig arrogant. In Schwerin haben sie beim Pressefest-Auftritt damit herumgeprahlt, extra die Coca-Cola-Dosen auf dem Equipment zur Schau gestellt, großkotzig vor dem Publikum daraus getrunken und das auch noch betont.
Ja, das ist möglich, das weiß ich nicht so. Ich weiß eine Episode, die mir mal passiert ist, die sehr interessant war. Wir haben mal mit den PUHDYS zusammengespielt. Das war in Dresden im DynamoStadion, kennst Du das?

Nein, ich bin kein Fußballfan.
Das war eine ziemlich große Veranstaltung und es waren 35.000 Leute da und bei der PUHDYSAnlage sind so 6 oder 8 Lautsprecher kaputtgegangen, die damals für uns natürlich unheimlich teuer waren und da hat sich der Herr Meier nach der Veranstaltung ins Auto gesetzt und war am nächsten Morgen mit drei Lautsprechern da. Das war schon, da haben wir schon ein bißchen gekuckt, wie das alles so geht.

Jaja, die hatten auch genug für Staat und Plattenfirma verdient.
Ein Lautsprecher hat damals so umgerechnet ca. 3.000 Mark gekostet und der kam am nächsten Tag mit dem Ding an. Na ja, der durfte auch Urlaub von machen, da gab's kein Problem. Die haben ja auch was Geld verdient. Da war das nicht ganz so problematisch.

Ein DDRBürger hatte ja gerade mal im Durchschnitt 1.200 Mark verdient. Ich weiß ja nicht, wies in der Großstadt war, aber hier war das nicht grade so toll. Ein weiterer Stein im Weg waren Transportmöglichkeiten des Equipment zum Veranstaltungsort, denn meist kamen die Bands hier mit LKWs der damals üblichen Marken wie W50 oder Robur an, die eigentlich auf die Schrotthalde gehörten und der Weg war mit mindestens 1 bis 2 Pannen gepflastert. Das waren meist von Betrieben ausrangierte Schrottkisten, denn anders kamen die Bands an das Gefährt nicht heran, richtig?
Ja, so oder so ähnlich ist es gewesen. Du hast natürlich unheimlich alte Autos gehabt, aber wir haben sie immer nur irgendwie am laufen gehalten. Das war manchmal nicht ganz einfach, da mußte man auch schon ab und zu mal in der einen oder anderen Werkstatt so 20 Mark West hinlegen, daß man auch das entsprechende Teil bekommt, aber dann ging es auch irgendwie. Irgendwie hat's immer funktioniert, aber es hat einem auch ein bißchen geholfen. Dadurch waren wir ziemlich selbständig in solchen Fragen. Ich fummel an meinen Autos heute noch alleine rum.

Da wird hier und da eine Coladose zwischengeklemmt, damit es wieder läuft, oder was?
Das ist, wenn Dir nen Keilriemen reißt, kannst Du nen Damenstrumpf nehmen.

Beim Trabbi war das so möglich, richtig? Das weiß ich noch.
Ja, und beim Renault.

Das weiß ich nicht. Na ja, auch die Platten von Westbands mußte man sich als Fan teuer besorgen. Ihr als Berliner hattet es da leichter, kanntet sicherlich einige Westberliner, die Euch was besorgten, aber wir mußten immer nach Ungarn fahren. Später lernte ich auch einen Frührentner kennen, der mir aus Hamburg ständig Platten und Magazine im Wechselkurs 1:8 bis 1:10 oder mehr besorgte. Das Geld wurde über die Grenze geschmuggelt und am Bahnhofs-Exchange umgetauscht. Ich weiß ja nicht, wie das bei Euch war.
Na ich sag mal so, wer Westverwandtschaft hatte, hatte auch dann die entsprechenden Platten. In dem Moment war das Norbert, der von seiner Tante ziemlich viel Platten bekommen hat und dann wurden noch welche von andern geborgt und überspielt usw. Also in Berlin ist das nicht so ein Problem gewesen, ich kannte z.Bsp. viele Leute, die vernünftige Platten hatten und was interessiert hat, hat man sich das gegenseitig geborgt und das ging schon.

Das war ja in der DDR so üblich! Platten wurden untereinander immer ausgetauscht und auf Kassetten usw. überspielt.
Ja, das war ein großer Handel.

Jaja, die Platten wurden auch ganz ordentlich hoch gehandelt.
Nee, wenn wir jetzt speziell irgendwas haben wollten oder um einfach interessenhalber auch mal die neuesten Sachen zu hören, da sind wir auch auf die Fans zugegangen, weil wir einfach gesagt haben: Hört mal zu, wir spielen in 14 Tagen wieder bei Euch, könnt Ihr uns nicht mal die Platten borgen. Dann haben wir die angehört und alle überspielt und sie wieder abgegeben.

In Berlin war ja auch die Szene größer, es gab mehr Leute und man ist besser an irgendwas rangekommen als in so einem kleinen Kaff wie unserem.
Na ja, was heißt rangekommen. Wir sind damals auch nur über Verwandtschaft da rangekommen oder halt auf dem Wege, daß man sich was von andern geborgt hat, aber so zu kaufen war hier auch nichts richtig.

Na das ist klar, aber irgendwie hat man immer ein paar Songs oder eine Platte zum Überspielen rangekriegt, nicht wahr? Das war in Berlin bestimmt leichter.
Ja, ich denk schon.

Das erste Mal hörte ich Euch live bei uns im Elbe-Club ca. 1982/83. Ich hatte an dem Abend Spätschicht in der gegenüberliegenden Werft und es war gerade Pause als ich zum Zaun gegenüber des Elbe-Club-Einganges ging und da knallte mir PRIEST und SAXON entgegen. Ich hatte mich mächtig geärgert, daß ich nicht rüberkommen konnte, aber die späteren Auftritte habe ich dann nicht mehr verpaßt. Ihr wart hier ziemlich oft präsent, manchmal zweimal im Jahr!
Ja, in Boizenburg warn wir öfters.

Du kennst den ElbeClub noch?
Jaja, kenne ich auch noch. Das war bei Euch immer ganz gut.

Ihr wart auch sehr fanfreundlich, habt Euch zu uns gesetzt und wir haben geschwatzt, über Metal natürlich und eine Platte von Euch, was cool wäre, aber da kamen ja immer erst die Großen wie PUHDYS und KARAT usw. Das habt Ihr uns damals auch geklagt, daß die immer bevorzugt wurden.
Ja, für die wars natürlich einfacher. Ich meine, die haben natürlich auch eine andere Schicht Publikum angesprochen als wir. Die haben natürlich die Leute angesprochen, die man auch in so Positionen von Staats wegen fand, die ganzen langhaarigen Lederjacken und kennst doch diesen Typen, das war ja nun nicht so das, was im Osten gefragt war. Insofern warn ja nun die PUHDYS und KARAT nicht, da warn ja so mehr nur die älteren schon, das PUHDYSOpaSyndrom und Jugendliche natürlich, aber eben die anständigen Jugendlichen der DDR, praktisch die vernünftigen.

Die Metaller waren in deren Augen Abschaum.
Jaja, DDRmäßig. Gerne haben sie das nicht gesehen.

1985 kam dann endlich die Single "18 Jahre sein/Mach keine Wellen" (kostete damals 4,60 OssiMärker), was schon ein bedeutender Schritt für Euch war.
Ja klar. Jeder hat gerne eine Platte draußen. Finanziell hatten wir natürlich nichts davon, aber ist egal, werbungsmäßig wars natürlich gut, dadurch ist es dann natürlich auch irgendwie mit den ganzen Veranstaltungen und der Präsenz allgemein aufwärts gegangen. Ich meine, die konnten eben nicht mehr an uns vorbei.

Aber Ihr hattet ja noch mehrere Songs im Laufe der Jahre im Studio aufgenommen. Ich habe insgesamt folgende gefunden: "Speedway", "Jenny", "Da bleibt was von mir", "Hiroschimakranich", "Berlin", "Mensch Rosie", "Tramperlied", "Eddie", "Willste nich uffstehn" und "Letztes Rad am Wagen". Die letzten drei sind auf DDRMetalsamplerCDs: "DT 64 Story Vol. 2 - Hard `n Heavy" und "Geil auf Heavy Metal" erschienen, beide 96/97! Ach ja, mit "Ode an die Freude", Beethovens "Ode To Joy" von der neunten, gab's ja noch ein Instrumental und ich glaube "Der Fußballfan" wurde auchmal als Studioversion eingespielt, oder? Genaues weiß ich nicht mehr. Dazu kommen dann ja noch die beiden Singletracks.
Oh, die neunte ist nicht im Rundfunk aufgenommen worden.
Nee, davon gab's keine Studioversion?
Jaja, das war nicht aufgenommen. Neenee. Das gibt's nicht, das haben wir nur auf Konzerten gespielt.

Das wußte ich nicht mehr. Da hattet Ihr Euch ein bißchen von Ritchie Blackmores RAINBOW inspirieren lassen, nicht wahr?
Ja, ein bißchen schon. Dessen "Difficult To Cure" von der gleichnamigen LP.
Genau.

Und von der LiveLP sind die Titel außer "Mach keine Wellen" alle zum größten Teil nie irgendwie im Studio aufgenommen worden, oder doch?
Ja doch, eigentlich schon. Ich hab jetzt nicht alle im Kopf, aber "18 Jahre sein".

Der ist klar. Aber wurden auch die anderen wie "Wär mein Leben programmierbar", "Heavy Metal", "Der Weg nach oben", "Edelrocker", "Wahnsinnsträume" und "Der Fußballfan" im Studio aufgenommen?
Ja doch, das muß auch irgendwo erschienen sein.
Ich habe jetzt größtenteils nur noch die Live-Dinger im Gedächtnis und was als Studioproduktionen im Radio lief, daran kann ich mich leider nicht mehr erinnern, das ist zu lange her.
Also ich weiß das auch nicht mehr ganz genau im einzelnen, was da wirklich produziert wurde und was nicht, aber meistens sind sie alle auf der Liveplatte drauf.

Ich wollte eigentlich nur wissen, was es als Studioversionen bzw. Demos gibt?
Nee, ich glaube, es ist besser, ... (??? - der Webmaster) würde ich sagen.
Was passiert denn mit den ein Album füllenden Sachen, wollt Ihr diese nicht mal auf ein Album packen und dieses nachträglich den ganzen Fans zugänglich machen? Alle Studiosongs komplett auf einer LP/CD wäre doch geil!
Wir haben mal drüber nachgedacht, generell die letzten Titel, die wir so gemacht haben, noch mal auf einer CD zu bringen, einfach weil wir die LiveCD, die ist ja damals vom Rundfunk aufgenommen worden, die klingt natürlich auch entsprechend, extra aus soundlichen Gründen könnte man heute natürlich alles viel schöner machen, aber da ist der Aufwand auch wieder zu groß. Da steckt einfach dahinter, daß das auch viel Geld kostet und nichts verdient dran.

Aber das wäre doch ein gutes Andenken, oder nicht?
Ja, aber das wäre, wenn mans dann ordentlich macht, auch ein ziemlich teures.

Ihr wart ja 1984 (und später noch mal) in Polen beim IRON MAIDEN-Konzert und anschließend hattet Ihr ähnlich wie MAIDEN eine ziemlich aufwendige Bühnendeko verwendet. Statt einem Pharaonengrab gab es eine mittelalterliche Burg bzw. Burghof-Innenansicht auf der Bühne. Für DDRVerhältnisse sehr aufwendig!
Jaja, weil wir haben damals eigentlich natürlich auch inspiriert durch diese MAIDENKonzerte und diese Bühnenaufbauten waren wir natürlich dran, das auch so ähnlich zu machen und haben damals den Aufwand nicht gescheut. Wir haben direkt so ein großes Auto mit einem Hänger gekauft, was auch dann zum Schluß wirklich voll war mit Lichttraversen und alles. Das mußten wir alles selber bauen, weil die Landsleute konnten wir nicht fragen, also haben wir uns das bauen lassen und zum Schluß war das ein ziemlich großes Unternehmen. Aber das ist ja eigentlich auch die Sache, warum das Ganze damals dann beendet wurde. Es war schon eine ziemlich große Geschichte, bis wir alles dann aufgebaut hatten und die Konzerte, die wir gemacht haben, war schon auch ein bißchen was fürs Auge. Aber wie gesagt, das wurde eben von staatlicher Seite in keinster Weise honoriert, im Gegenteil, man hat uns noch ein paar Steine in den Weg gelegt und da sind dann danach auch die Ausreiseanträge gekommen, weil wir gemerkt haben, es geht nicht anders in der DDR.

Du hattest zu DDRZeiten auch TShirts und Aufkleber von IRON MAIDEN, JUDAS PRIEST, SAXON, MOTÖRHEAD und ACCEPT verschachert. Das waren alles sozusagen selbst hergestellte Raubdrucke, oder? Die Qualität der Shirts war meist unter aller Sau, denn hier in der DDR bekam man kaum vernünftige Shirts und Du hattest Dich auch dafür entschuldigt. Nach dem Waschen wurde aus dem Shirt ein ziemlich knappes Top. Wie lief das so und kamst Du oder Ihr dazu bzw. da ran? Waren das eigene Siebdrucke usw.?
Ja, das hat natürlich zuletzt was damit zu tun, das ist damals mein Privatding gewesen, das war damals eine Marktlücke, in gewisser Weise war ich damals schon selbständig, hab eigentlich das praktiziert, was im Westen gang und gäbe ist. Ich hab eben erkannt, daß es viele Leute gibt, die so was haben wollen und was haben die damals immer gekostet: 25 Mark West.

Damals waren das noch knapp über 20 DM, meine ersten Shirts nach der Wende. Heute bezahlst du schon 50 Mark bei den Konzerten.
Jaja, das waren rund 20 Mark und damals mußten wir immer, wenn ich mich richtig erinnere, 1:7 tauschen. Da war das immer schon ein ganz schöner Preis, was weiß ich, 140 Mark ungefähr, wenn das mal reicht und ich hab die damals eben weit billiger angeboten, natürlich war die Qualität nicht gut, ich mein, die TShirts hatten natürlich nicht so, der Druck war Siebdruck, was ich selber gemacht hab.

Ich weiß nicht, ob Du Dich noch an mich erinnern kannst, ich bekam immer von Dir was geschickt und hatte es dann an meine Kumpels weitergegeben.
Ja, das ist schon möglich, wir haben ja öfter mal miteinander telefoniert. Ja, ich kann mich schon dran erinnern, klar.

Nee, telefoniert nicht, es lief alles per Post. Das waren immer ziemlich dicke Pakete und mit den Shirts lief damals halb Boizenburg und Umgebung herum. Das MOTÖRHEADShirt habe ich heute noch!
Siehst Du, da war die Qualität dann doch nicht so schlecht.

Das war auch so mit am besten.
Die waren auch unterschiedlich. Es gab immer unter anderem sehr gute Qualität manchmal zu kaufen an T-Shirts und manchmal auch sehr schlechte, aber das siehst Du ja auf den ersten Blick auch nicht, wenn mans kauft.

Noch mal zurück zu Euren Songs. Da hatte Norbert wohl immer viel Streß mit den Texten, um was einigermaßen anspruchsvolles zustandezubringen, um auch gleichzeitig die Bonzen zu befriedigen. Soviel ich weiß gab es beim "Fußballfan" wegen den Farben Streß. Wie sah das aber mit so einem Text wie "Das fünfte Rad am Wagen" aus, da geht es ja auch um Knast, was in der DDR kein beliebtes Thema war? Am liebsten hätte man damals ja Texte über Planerfüllung und wehende Fahnen gehabt, richtig?
Also, mit der Fußballgeschichte bist Du bei mir völlig an der falschen Adresse, hab ich überhaupt keine Ahnung. Ich weiß nur, daß es irgendwie streitmäßig um blauweiß und rotweiß dabei ging. Ich glaube, wir wollten blauweiß machen und das durften wir aus irgendwelchen Gründen nicht, aber ich weiß die Zusammenhänge jetzt jedenfalls nicht. Also es hing irgendwie auch mit einer Mannschaft im Westen zusammen, die ebenfalls die Farben trägt und wir haben daraus rotweiß gemacht.

Bei "Wahnsinnsträume" ist Norbert ja auch beim Text ein bißchen umschifft, denn das Wort Blut durfte man ebenfalls nicht erwähnen, daraus wurden dann eben rotlackierte Hörner.
Na ja klar, das war das damalige Lektorat, da wurden die Texte vorgelegt und die haben dann befürwortet oder nicht. Und wenn irgendwas nicht in Ordnung war, hat man die so lange umgeändert bis es dann auch angenommen wurde.

Euer Markenzeichen waren ja auch die deutschen Texte in typisch Berliner Schnauze, denn in der DDR durfte sowieso nur deutsch gesungen werden.
Ja, ja.

Ende 1986 erschien die "Live im Stahlwerk" und kurze Zeit später löste sich die Band auf, gab aber noch ein Abschiedskonzert mit allen ehemaligen Bandmitgliedern, da Paule und Norbert einen Ausreiseantrag laufen hatten. Bei dem Konzert waren Michael Sündermann und Bodo Komnick, zwei ExMitglieder, mit von der Partie. Diese beiden habe ich nie live gesehen, nur die Besetzungen mit dem Tschechen und Chris. Wann waren denn die beiden dabei?
Bodo ist nach Andr�gekommen, der hat den Tschechen damals abgelöst, aber frag mich jetzt nicht. Was natürlich genau war, weiß ich ja, kann ich irgendwie nicht sagen, ist halt für unsern tschechischen Freund irgendwann nicht mehr in Frage gekommen und dann kam der Bodo Komnick, dessen Musik war das aber nicht so richtig, der spielt ja jetzt bei LIFT und das ist wohl auch eher seine Musik, so diese weichere Geschichte. Das hat musikalisch dann nicht gepaßt und nach dem Bodo kam Christian.

Der Tscheche war aber nicht beim Abschiedskonzert. Lebte er zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr oder hattet Ihr keinen Kontakt mehr gehabt?
Nee, da hatten wir keinen Kontakt mit ihm. Er war irgendwo im Norden, glaub ich, ist er an die Ostsee gezogen, nach Ostfriesenburg (??? - der Webmaster) hat der zuletzt gewohnt. Nee, da hatten wir auch nicht mehr allzuviel Kontakt mit ihm.

Das Cover von "Live im Stahlwerk" war seinerzeit für DDRVerhältnisse der absolute Oberhammer. Wer hatte es gemalt?
Das hat der gleiche gemalt, der auch diese Burg gemalt hat. Der ist damals eigentlich ein Fan von uns gewesen aus dem Lübbener Raum, der kam aus so einem kleinen Ort namens Kuschkow bei Lübben oder so, aber ich weiß jetzt nicht, wie er heißt, muß ich nachkucken. Ich hab die Originalzeichnung im Rahmen hier.

Dieses Cover war ja damals zu DDRZeiten mit das aufwendigste, beste und kultigste überhaupt, nicht wahr?
Den haben wir damals, der hat so für seine Kumpels hat er so Jeansjacken bemalt, z.Bsp. das Eddie-Monster von IRON MAIDEN und das hat er sehr gut gemacht. Wir sind da so richtig draufgestoßen und sind dann irgendwie mal in Kontakt gekommen und dann hat er für uns eben die Sachen gezeichnet.

Für die '96 erschienene CD hat man das originale Front+Backcover von der Platte einfach nur eingescannt, was man auch genau sieht, denn am unteren Rand sieht man das halbe AMIGALogo. Du besitzt ja auch das originale Gemälde.
Ja, die originale Zeichnung hab ich aufgehoben.
Was hattest Du damals nach dem Split gemacht, warst Du in eine andere Band eingestiegen oder hast Du was anderes in dieser Richtung gemacht?
Jaja, '87 haben wir Schluß gemacht. Ich hab dann noch mal eine kurze Gastrolle gespielt bei so der Amateurband COBRA, aber das war, sag ich mal, nicht so mein Ding, auch vom Alter her. Wir waren da ein bißchen sehr unterschiedlich und die Leute noch ziemlich jung, ich war ja schon mittlerweile nen gestandener, älterer Herr.

Wie gestanden älter?.
Irgendwie ...

Warst Du auch schon über die 30 rüber?
Jaja, so insgesamt, ich war ja 30 Jahre da. Na ja, es war nicht uninteressant, die Mucke hat auch Spaß gemacht, aber wie gesagt, die haben auch eine bißchen andere Vorstellung gehabt. Das war mehr so die Band, die so, wie kann man sagen, früher hieß es so diese "Poserband", weißt Du? Das war alles ein bißchen Schicki Micki, mit offenen Haaren und so, und ich war mehr so der Urrocker. Das hatte irgendwie auf die Dauer nicht gepaßt, da war ich auch nicht allzu lange drin. Das hat ein halbes Jahr gedauert und dann bin ich da raus. Dann hatte ich ein Angebot von BABYLON, da war ich echt spitze... BABYLON hat Spaß gemacht, das war okay, da hat es gepaßt und ich hab auch noch ein paar Platten miteingespielt.

Die habe ich leider nicht, davon weiß ich nichts.
Die mit dem Löwenkopf, da hab ich noch ein paar Titel draufgehauen und einige Gitarren miteingespielt. Genau zu der Zeit, als die aufgenommen wurde, bin ich dann fest bei BABYLON eingestiegen.

Wie sah es denn mit Euch in den DDRMedien aus? Ich glaube, es war mal in der "Melodie & Rhythmus ein Poster mit Interview von Euch drinne. Nur an TVAuftritte kann ich mich gar nicht mehr so erinnern, ob Ihr mal in "RUND" oder so wart. Verdammt lang her alles.
Ja, es gab ein paar Sachen, wir sind grade dabei, die alten Aufnahmen wiederzubekommen. Die sind in so einem Archiv vom Fernsehen irgendwo und da haben wir das beantragt. Das ist aber auch schon wieder ein halbes Jahr her, also wir hoffen, daß wir die gesammelten Aufnahmen alle irgendwann mal bekommen. Das war eigentlich eine ganze Menge.

Dann macht Ihr davon eine CDRom oder DVD, oder was?
Nee, eine Videokassette kriegen wir dann ja nicht ran.

Man könnte dann vielleicht mit den alten Songs von FORMEL 1 eine Box oder so veröffentlichen.
Jo.

Dann mal ran an die Boxen! Neben den allgemeinen "Jugendtanz"Auftritten in den Kulturhäusern bzw. kleineren Sälen, was waren für Euch die größten Ereignisse? Ich denke da an Festivals wie das in der "Jungen Garde" in Dresden am 15. Mai 1986 und zwei Tage später fand bei uns in Boizenburg noch mal eine etwas abgespecktere Version u.a. mit MCB auf der Freilichtbühne statt. Zu der Zeit hatten mich die Staatsdiener bereits auf Eis gelegt, genau auf dem Weg vom Dresdner Bahnhof zur "Jungen Garde" in der Pragerstraße.
Ein schweres Los da bei Dir.

Na ja, mein Weg ist auch mit allerhand Scheiße gepflastert, ich hatte viel miterlebt.
Na ja, was heißt, größere Sachen? Mengenmäßig das größte, was wir gemacht haben, war das Konzert mit den PUHDYS vor 35.000 oder 37.000 Leuten oder wieviel da im Stadion drin waren. Diese ganze Veranstaltung fand ich aber nicht so prickelnd, weil die das so gemacht haben, daß die Leute auf ihren Sitzen sitzenbleiben mußten. Also, das ganze Fußballfeld vor uns war praktisch frei und das ist ja nun ein paar Meter lang, da hast du im Prinzip fast vor keinem Publikum gespielt, du hast keinen Kontakt zu den Leuten gehabt. Die haben ringsrum im Stadion auf ihren Sitzen gesessen und das gesamte Fußballfeld vor uns war frei, weil der Rasen geschont werden mußte.

So was ähnliches hatte ich bei uns im Elbe-Club auch mal erlebt. Es hatten BERLUC gespielt und alle mußten auf den Stühlen sitzen bleiben. Als ein paar Leute, wie das so war, aufstanden und Stimmung machten, haben die Ordner sie wieder auf ihre Sitze gedrückt und gedroht: Wenn Ihr nicht sitzen bleibt, dann fliegt Ihr raus. So war das hier gang und gäbe.
Na ja, aber ansonsten, ich mein, wir hätten bestimmt auch schöne große Sachen machen können. Wir haben damals auch eine Menge Post von den Russen gekriegt, früher hieß es ja Sowjetunion. Die "Live im Stahlwerk"-LP muß da auch erschienen sein. Da haben wir von den Leuten wäschekorbweise Post bekommen und dann haben wir mal bei der Auslandsagentur nachgefragt, ob wir dann nicht mal eine richtige Tournee machen können, die würden wir auch selbst organisieren. Aber da sitzt dann so eine Agentur, die sonst Zauberkünstler vermittelt und so was, die sagten dir eben, daß das eigentlich alles gar nicht geht. Das war auch ein Grund, wo wir gesagt haben: Was sollen wir hier noch groß Musik machen?

Hattest Du damals auch einen Antrag gestellt oder nur Norbert und Paule?
Nee, Norbert und Paule und noch vier Techniker hatten einen gestellt. Also ich war kurz davor, ich hatte darüber nachgedacht. Ich hatte nur noch das Angebot von der Band BABYLON gekriegt und das war ja auch irgendwo ganz gut. Das war ja damals auch eine recht bekannte Band und die hat insofern viel Veranstaltungen gehabt. Also so gesehen, um meinem damaligen Beruf nachzugehen, hatte ich immerhin gute Chancen.

Ihr wurdet ja anschließend boykottiert, was für eine Profiband einem Genickbruch gleichkommt, denn es gab keine Auftritte, kein Geld und so wurde Euch der Hahn abgedreht.
Ja, das war uns schon klar. In dem Moment, wo diese Anträge offiziell da waren, da war schon klar, daß das auch was kostet.

Das war ja gut, daß die "Live in Stahlwerk" schon erschienen war, sonst hätten sie die Platte erst gar nicht mehr herausgebracht. Alle Künstler, die aus der DDR abgehauen sind oder einen Ausreiseantrag gestellt hatten, wurden ja nicht mehr im Rundfunk gespielt und die Platten aus den Läden verbannt. Das war ja so gang und gäbe.
Na, das wäre sicherlich nicht so gekommen, wenn die Sache noch so ein bißchen weitergegangen wäre. Ich meine, damals ist die Platte "Live im Stahlwerk" herausgekommen, die war ja auch ziemlich erfolgreich, aber trotzdem ging's irgendwie nicht weiter. Dann haben wir anschließend noch diesen großen Bühnenaufbau gemacht und diese Sache ziemlich groß aufgezogen, aber das war ja schon ein richtig großes Programm dann. Mit fünf Technikern sind wir dann rumgefahren und das war schon ziemlich groß, aber das hat eben einfach.... Nna ja, man hat's eben letztendlich doch nicht gefördert, weil wir einfach das falsche Publikum angesprochen haben.

In der DDR war man eben den Schikanen der Bonzen ausgeliefert, ich habe das am eigenen Leib erfahren. Alles wurde kontrolliert, zensiert usw. und Bands durften keine Werbeposter, Flyer usw. drucken lassen bzw. veröffentlichen. Überall hat der Staat seine Finger drin gehabt, alles hat er kontrolliert.
Wir ham, ich sag mal, nach der Platte haben wir eine zeitlang wirklich alles gegeben. Das war auch ein finanzieller Aufwand und Probeaufwand, wir haben komponiert und gemacht und jeder investierte auch an Zeit und Geld. Das ist ja auch unwahrscheinlich ... Wir haben gehofft, daß wir damit dann irgendwie weiterkommen, aber das ist ... Wir wollten ja nicht einmal in den Westen fahrn, sondern einfach nur in den Osten fahrn und das hat man noch nicht mal gemacht.
Naja, es gab damals eben zwei Sozialismusse.
Na ja, klar.

Ich hatte deswegen auch immer viel Ärger gehabt.
Ja, das waren viel nur Kleinigkeiten, aber das war eigentlich unerträglich.

Das Einzige, was man uneingeschränkt durfte, waren Sonderschichten in den Betrieben abreißen, bis man in der Kiste lag. Wer da nicht mitzog und nicht den Normen entsprach, langhaarige Hardrocker & Co, stand im Visier der Staatsorgane.
Tja, so war das.

Du sagtest, Ihr wollt Euch wahrscheinlich auflösen. Wie geht es jetzt erst mal weiter mit FORMEL 1?
Es muß nicht so werden, daß wir uns auflösen, denn wir haben uns ja nicht gestritten, wir machen noch zusammen Musik und tun das sehr gerne. Na ja, ich sag mal, wir ziehn uns zurück und machens für uns.

So im stillen Kämmerlein.
Unterm Strich muß man aber auch sagen, wir ham unsere Zeit gehabt. Wir sind ja nun nichtmehr die Jüngsten.

Wo wir grade beim Alter sind: Wie alt bist Du überhaupt?
46.

Na ja, ich bin auch schon 40.
Ja klar, sicherlich.

Ich habe grade die ganzen Bilder vor mir liegen. Das waren noch Zeiten, nicht wahr?
Jaja. Ich bin auch einer von denen, die nicht mehr soviel Haarwuchs tragen.

Das ist mir auch schon aufgefallen. Ich mußte erst mal kucken, denn es sind nicht mehr alle auf dem Kopf so gut besattelt. Bei Norbert kommen auch schon ganz schöne Geheimratsecken.
Ich spiel jetzt auch in so 'ner Coverband. Das habe ich mit dem Bassisten von BABYLON zusammen, zu dem habe ich von früher her noch Kontakte, weißt Du, von den 90erJahreZeiten und das macht auch Spaß. Also wir müßten theoretisch mittlerweile von vorne anfangen und das ist klar, weißt Du.

Das ist klar und ich sehe es ein. Das wars dann, Wolle. Und wer von den Lesern mehr erfahren will, es gibt ja noch die CD mit Linernotes von Norbert. Die kann man sich dann auch noch durchlesen, da ist ebenfalls allerhand drinne gesagt, was ich jetzt zum Teil absichtlich umgangen habe. Ich wollte das gleiche nicht noch mal durchkauen.
Jaja, das ist eigentlich schon ganz gut beschrieben.

Ich weiß nicht, ob Du das UNITED FORCES #11 mit dem Interview von Norbert auch gelesen hast.
Nee, das kenn ich gar nicht.

Ach, hat Norbert Dir das nicht gezeigt oder noch keines bekommen?
Keine Ahnung.

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