Zeitungs-Ausschnitte: Allgemeines (12)

"Ost-Metal auf dem Totenbett?" - Zeitschrift "Rock Hard" (1991)

"'FNBL' (neuerdings recht häufig gebrauchte Abkürzung für 'fünf neue Bundesländer' - Anm. d. Aut.), der Begriff ist doch einfach bescheuert. Irgendwie ehrlicher klingt 'ex-DDR' schon; das ist nunmal unsere Vergangenheit. Außerdem brauchen wir uns nicht zu verkriechen, denn wir haben nie zu irgendeiner Stasi-Clique gehört. Und'n bißchen was wert muß doch unser Leben auch vorher gewesen sein, oder? Deshalb schwingt für mich Abwertung, sogar Verachtung mit, wenn einer 'FNBL' sagt." Soweit einer der Musiker härterer Gangart, mit denen ich mich in Vorbereitung dieses Artikels unterhielt. Damit meint niemand, Arbeiter- und Mauern-Staat-Realitäten wären ihm lieber gewesen. Ihre Forderung lautet, akzeptiert zu werden - zunächst einmal als Menschen. Um Anerkennung als Musiker kümmern sie sich selbst.
Spätestens seit dem neunten November 1989 wurde immer wieder mit Begriffen wie 'Wende', 'Ende' usw. jongliert, das Jahr EINS sei angebrochen - und damit scheinbar auch die Schwierigkeiten. Diese Einschätzung ist allerdings nicht ganz zutreffend, nur waren die Probleme vorher anderer Natur. Tobias 'Tobser' Nehmer von ROCHUS: "Für uns hat sich 'ne Menge zum Positiven entwickelt. Zwar ging es für uns seit unserer Gründung 1986 anfangs schnell bergauf, wir nahmen an den 'Werkstattwochen der FDJ' in Suhl teil, waren ständig auf Achse: um live zu spielen (war ja damals auch die einzige Möglichkeit, Kohle zu machen), verzeichneten eine stetig wachsende Fanschar (es bildeten sich Fan-Clubs, u.a. in Chemnitz), wir 'durften' sogar beim staatlichen Rundfunk (einen anderen gab's ja nicht) eigene Titel produzieren und hatten zuletzt in der ex-DDR fast Kult-Status erreicht - aber dann stellte sich wieder altbekannter Ärger ein. Einer der zweifelhaften 'Höhepunkte' solcher Sschwierigkeiten: In Dermbach (Rhön) wurde eine Veranstaltung abgebrochen, nachdem der FDJ-Chef des Nestes mit dem Bürgermeister und dem Dorf-Sheriff anrückte und uns als rechtsradikale bzw. faschistische Band bezeichnete. Die Begründung? Wir hatten einen Song von Slayer und "Bombenhagel" von Sodom gespielt..." Solcherart Sorgen begegneten die knallharten Thrasher ziemlich gelassen, schließlich waren Sänger Tobser vor ROCHUS mit der (ebenfalls im Ost-Metal-Underground stark angesagten) Death Metal-Band MACBETH ganz andere Dinge widerfahren. Denen wurde zunächst Spielverbot in Thüringen, danach in Sachsen und letztendlich im ganzen Land erteilt. Damit aus diesem 'Sumpf' nicht neue Pestilenz erwachse, folgten die Einberufungen zur 'Nationalen Volksarmee' auf dem Fuße. (Zur Information für die in dieser Hinsicht immer glücklicheren Wessies: Verweigerungen führten unweigerlich für eineinhalb Jahre in den Knast.) Ungebrochen von steingrauer Gleichförmigkeit startete das noch junge Sangeswunder 1986 einen neuen Anlauf. Aus den mit Hilfe sozialistischer Staatsmacht eingeäscherten MACBETH waren gleich dem vielzitierten Phönix ROCHUS als neues Quartett auferstanden. Die Besetzung (neben Tobser bestehend aus Heiko 'Friedhelm' Axt, der selbige auch schwingt - logisch bei dem Namen, Maik Hoffmeister/guitar) und Ralf Michels/drums) blieb bis heute konstant. Tobser: "Lediglich der Bassist wurde öfter gewechselt, nach dauernden Problemen habe ich mir dann kurzerhand auch noch den Bass umgehängt, und es klappt prima." Wovon man sich demnächst überzeugen kann, denn ihr Debutalbum "Between Two Worlds" (Virginia Records/SPV) steht bald in den Plattenläden, gefolgt von einer Promo-Tour durch Deutschland. Lagen ihre musikalischen Anfangseinflüsse noch bei Metallica, wurden ROCHUS später immer härter und orientierten sich an Slayer, Death, Sepultura oder Kreator. Der heutige Stil von ROCHUS wird von den Jungs beschrieben als in der Mitte zwischen Slayer und Kreator liegend, jedoch etwas technischer, mit aggressiven Vocals, die sich laut Tobser anhören "wie Mille nach dem Gurgeln mit 'ner Handvoll Reißzwecken". Na, dann: guten Appetit! ROCHUS stammen übrigens aus dem Zentrum guter Metal-Bands der FNBL (verdammt, hoffentlich werde ich dafür nicht gesteinigt), aus Thüringen, woher ja auch Blitzz kommen, auf die ich aber an dieser Stelle nicht eingehen will, da ihre Publicity-Maschine bereits auf vollen Touren läuft.
Ebenfalls aus der Erfurter Gegend kommen HOWLIN' MAD. Mit einem Durchschnittsalter von 19 Jahren (!) dürfte den Thrashern Silvio Mad (g), Ralf Mad (g), Gert Mad (v), Mirco Mad (b) und Olaf Mad (d) eine rasante Entwicklung bevorstehen, zumal sie bereits ein Debutalbum (" Insanity") im Gepäck haben. Weniger Glück begleitete die in Tambach-Dietharz (ebenfalls Thüringen) lebenden HARDHOLZ. Sie sind zu Recht Lokal-Heroen im dortigen Areal, spielten zum Beispiel auch beim letztjährigen Suhler Sommer-Rock auf dem 'Metal-Tag' sämtliche konkurrierenden (West-)Bands aus dem Rennen und haben derzeit immer noch vergleichsweise viele Auftritte - nur auf einen Plattendeal können sie bislang nicht verweisen. Somit bleiben die vier Songs auf dem "Speed Up"-Sampler vom Z-Label ihr einziger Vinylauftritt. Der wiederum hat es mächtig in sich; man merkt es den Stücken nicht an, daß sie nur zufällig auf der Scheibe landeten. Schlagzeuger Frank Brill: "Die staatliche Plattenfirma Amiga wollte, wohl um den Anschluß zu schaffen, diesen Sampler herausbringen. Zwei Bands hatten sie schon und suchten nun händeringend nach einer dritten. Irgendwie waren wir das dann. Wir erfuhren so spät davon, daß wir keine Zeit hatten, noch an den Songs zu feilen. Uns blieb nichts anderes übrig, als unsere lange fertigen Rundfunkproduktionen dafür zu nehmen. Im Sommer rief ich bei unserer Kontaktadresse an, um herauszufinden, wann die LP zu erwarten ist. Dort wurde mir lapidar mitgeteilt, Amiga sei tot und dieses Projekt gleichermaßen. Na, abgehakt."
Umso erstaunter war er Ende des vergangenen Jahres, als ich ihm erklärte, daß ich besagtes schwarzes Rund in den Händen hielt und mir freudig zu Gemüte führte. Ich muß zugeben, es entführt den Hörer zum größten Teil in den fernen, längst vergangenen DDR-Metal-Alltag, kaum geeignet, einen Eindruck jetziger Aktivitäten zu vermitteln. Aus besagtem Grund legte mir dann HARDHOLZ-Manager Holger Schlupp dringendst ans Herz, hinzuzufügen, "daß es bei unseren Titeln eigentlich 'Heavy-Oldies' heißen müßte." Keine Sorge, ist hiermit geschehen und trifft im übrigen auch auf einige der anderen Songs zu. Das HARDHOLZ-Demo macht dagegen die Entwicklung der Band von den Anfangstagen 1985 bis heute deutlich. Sie sind wild entschlossen, weiterzumachen und haben mit ihrem größtenteils Metallica-orientierten Metal (von denen sie auch live einige Stücke covern) und Texten aus der Sagenwelt ("wobei insgesamt auch genug übers Saufen und Bumsen vorkommt') gute Erfolgschancen. Außerdem unternehmen sie bereits seit ihrer Schulzeit das meiste gemeinsam, wohl ein Grund dafür, daß der zweite Gitarrist (vom letzten, Lutz Rödiger, trennte man sich kürzlich) immer ein wenig der Außenstehende bleibt. Deshalb sind die zwei Genannten sowie Michael Brill (b), Lutz Edelhäusser (g) und Sänger Stephan Buchfeldt wieder mal auf der Suche. Wenigstens sind sie in einer Hinsicht froh - daß nämlich seit November 1989 Geschichten wie die folgende nicht mehr vorgekommen sind. Frank Brill: "Als wir unter anderem mal in der Nähe von Heiligenstadt gespielt haben, waren wir angeblich dafür verantwortlicht daß auf dem Friedhof jede Menge Grabsteine umgeworfen wurden. Erst war höllisch was los, und hinterher fand man dann heraus, daß nicht 'diese gewalttätigen Metal-Fans', sondern die Familie des Friedhofswärters diese Schweinerei angerichtet hatte, weil sie sauer darüber gewesen ist, daß er so selten zuhause war." Das nenne ich bürgerliche Angepaßtheit...
War von dem "Speed Up"-Sampler die Rede, müssen auch die anderen zwei darauf vertretenen Bands erwähnt werden. MERLIN, von denen ich bis heute nicht weiß, ob sie wirklich ihren Namen dem Zeichentrickfilm 'Die Hexe und der Zauberer" entlehnten, hatten sich bereits aufgelöst, fanden sich jedoch extra zur Neueinspielung der Songs für den Sampler noch einmal im Studio zusammen. Kritik- und gleichzeitig Höhepunkt war der sehr Helloween-mäßige Gesang. Der Zuspruch in diversen Charts und bei Konzerten gab ihnen Recht. Nach dem Split gaben sie den (West-)Berliner Bands Sudden Death und Splinter einen Kreativitätsschub, der beide wahrscheinlich vor dem Zerfall rettete. Splinter, von Jörg Zimmermann (Berliner Thrashband Graaf) gar als DIE kommende Truppe der ehemals geteilten Mauerstadt apostrophiert, bereiten immerhin ihre Debut-LP vor. Bei Sudden Death läuft es nicht ganz so gut; ex-Merlin-Gitarrist Dan stieg wieder aus und steuerte in Richtung einer Band, die sich aufgrund deutsch-deutscher Ausreiseproblematik aufgelöst hatte (PHARAO), sich nun aber erneut zusammenfand, um richtig durchzustarten ('Karrierestationen' vielleicht in einem weiteren Bericht nachzulesen). Dritte und letzte auf dem "Speed Up"-Sampler vertretene Band (das ist keine Wertung!) ist HEADLESS aus Berlin. Früher unter dem Namen Metall, der für die stalinistischen Kultur-Oberen akzeptabel war, zu Live-Ruhm und Hitparaden-Ehren gelangt, benannten sie sich um und hatten fortan mit den einstigen Vorbildern Judas Priest und Manowar nicht mehr viel am Hut (zumindest auf der Bühne). Der Trend ging mehr in Richtung amerikanischer Vorbilder, Hardrock mit Satzgesang-Passagen, kurzen prägnanten Gitarrenparts und einer entsprechend veränderten Bühnenshow. Sie waren ständig präsent im Rundfunk und sogar im Jugendfernsehen, das vorher Metal-Acts meist eine Abfuhr erteilte. Den ersehnten 'Profi-Status' erhielten HEADLESS im November 1989, als er ihnen nicht mehr viel nutzte. (Zur Erklärung: Die Offiziellen des SED-Staates mischten überall mit und bestimmten selbst dort, wo sie gar nichts mehr zu suchen hatten. Deshalb durften Künstler aller Schattierungen nicht einfach gegen Bezahlung auf die Bühne gehen, wenn die Zuschauer sie sehen wollten und der Veranstalter bereit war, sie zu engagieren. Erst mußte eine Prüfung zwecks Einstufung, für jede nächsthöhere Einstufung natürlich neue Prüfungen, absolviert und anschließend ein Genehmigungsverfahren durchlaufen werden. Bei solch bürokratischem Vorgehen hätten vielleicht heutige Metal-Chartbreaker wie Sodom oder Kreator nie ein Bein an die Erde bekommen.)
1990 waren die Chancen, als 'Profis' aus der DDR mit Konzerten Geld zu verdienen, verdammt gering. In einer Zeit, in der allenthalben auf DDR-Gebiet noch Euphorie darüber dominierte, eine Freiheit errungen zu haben, die nur Positives zu bergen und grenzenlos zu sein schien, erfuhren bereits viele Musiker die Nachteile der Paarung Mißgunst/Marktwirtschaft am eigenen Leib. Ein (aufgrund minimalen DM-Besitzes) zunächst noch eingeschränkter Konsumrausch zeigte deutlich den Trend des Publikums: weg von 'hausgemachtem' Metal, hin mit der Kohle zu internationalen Top-Bands. In Dortmund hörte man die Fans sächsisch sprechen, Hamburg sah Metaller aus dem kleinen Frankfurt (Oder), und Leute aus Boizenburg reisten für Magnum nach Ost- und für Aerosmith nach West-Berlin. Nutznießer waren vor allem Supergruppen, von denen der Lack langsam abblätterte, die aber ausgehungerte Anhänger westlich der Oder/Neiße-Grenze endlich mal live sehen wollten. Dem hatten Metal- bzw. Hardrock-Acts der ersten Stunde wie BERLUC oder BABYLON erstmal nichts entgegenzusetzen, aber selbst Jüngere wie eben HEADLESS konnten trotz ausgereifter Bühnenpräsenz kaum als zugkräftig bezeichnet werden. Aus der Traum vom guten Geldverdienen mit der Beschäftigung, der man am liebsten nachgeht (ich meine die Musik, wir schreiben ja nicht 'unter der Gürtellinie'). Überleben möchte aber jeder, also 'ran an die Nebenjobs. Bei HEADLESS liest sich das im einzelnen so: Chef Sven Rappoldt (b, v) arbeitet als Mitarbeiter des Kulturamtes im Jugendklubhaus Langhansstraße (ihr wißt schon, der Laden, in dem u.a. die 'Rocker für die AIDS-Hilfe'-Aktion stattfand) und versucht, den Heavy-Bau nach den Rekonstruktionsmaßnahmen' gemeinsam mit anderen wieder auf Vordermann zu bringen. Thomas Post (lead-vocals) ist Haus-DJ, Rocco Stellmacher (g, v) Hausmeister (!) im selben Schuppen. Ronald Schulze (d, v) riß sich den Hausmeister-Posten im Jugendklub Charlottenstraße unter den Nagel, bloß Roland Tschech braucht offensichtlich mehr Zaster und schafft als Putzi im KaDeWe. Sie kommen also relativ gut zurecht, vergleicht man ihre Situation mit vielen anderen Bands.
HARDHOLZ z.B., allesamt Ingenieure, sind teilweise Schon von hundertprozentiger Kurzarbeit betroffen, der Erlös aus den Gigs ist aber eher ein Taschengeld oder verschlingt noch Bares. Besonders hart trifft es die Gruppen, die sich noch vor dem Mauerfall hoch verschuldet haben, um qualitativ akzeptables Equipment zum zehnfachen Preis zu kaufen. Jetzt haben alle die typischen West-Probleme, aber es ist immerhin ein Unterschied, ob man langsam schwimmen lernt oder einfach ins kalte Wasser geworfen wird und versuchen muß, mit Hundepaddeln an Land zu kommen. Die Bereitschaft dazu haben ostdeutsche Heavy-Bands, im Gegensatz zu den ehemaligen Renommiergruppen des kürzlich dahingeschiedenen anderen deutschen Staates wie z.B. SILLY. Solche greinen natürlich jetzt. Doch von der Sozial-Kiste zurück zur Musik: HEADLESS hatten mit ihren Shows in München und Coburg großen Erfolg; mußten, weil die anderen Bands ausgepfiffen wurden, sieben (!) Zugaben geben. Problematisch war dabei, daß sie am nächsten Morgen wieder in Berlin sein und den nur geliehenen LKW abgeben mußten. Dieses Konzert wirkte stark nach, kurz darauf bestellte die Agentur bei HEADLESS 32 Schallplatten der Band. Nun werden sie ihr erstes vollständiges Album (voraussichtlich im Mai '91) bei Z herausbringen. Eigentlich hatten sie ein Angebot von K&P, "aber die wollten uns mehr in die schräge Richtung drängen" (Sven Rappold), "doch wir wollen unserem gradlinigen Metal treu bleiben." Eine Frucht trug diese kurze Liaison dennoch, es war nämlich geplant, eine Sängerin hinzuzunehmen. Diese Idee wurde beibehalten, sechs Kandidatinnen kamen in die engere Auswahl, die Entscheidung zwischen ihnen wird bald fallen, da noch für den Winter '91 die Produktion des Demos mit Doppelgesang geplant ist. Sven Rappoldt: "Unsere erste wichtige Entscheidung war damals, Akzeptanz beim Publikum mit eigenen Titeln erreichen zu wollen und nicht Modetrends hinterherzulaufen. Das hat geklappt. Heute sind wir wieder an einem ähnlichen Punkt. Frontfrauen gibt es im Metal einige, Frontmänner eine Menge. Aber beides in einer Band? Das muß doch einfach einschlagen." Heavies in Bayern können sich auf drei Gigs im Februar ein Urteil über die neue Besetzung bilden. Veranstalter, seid auf dem Sprung!
Noch eine interessante Variante des Nicht-LP-Herausbringens gibt es von MCB (den Motor-City-Barbaren) aus Magdeburg zu berichten. Ihr LP-Vertrag mit K&S-Records lief Ende des Jahres 1990 ohne Veröffentlichung aus, da deren Finanzen zur Herausgabe nicht reichten. Nun sitzen sie auf ihrem Rough-Mix und haben doch schon genügend Material für zwei weitere LPs. Vielleicht überträgt sich der Name ihres Drummers (er heißt Andreas Glück) auf die gesamte Band, ihre Musik würde bestimmt breitere Käuferschichten aktivieren. Ich möchte sie mal als Doom-Variante von Motörhead definieren, allerdings spielen sie auch Thrash. Die Gruppe gibt es seit 1983, von den Gründungsmitgliedern der bis 1990 in Dreierbesetzung agierenden Barbaren blieb nur Anführer Mike Demnitz (v, b). Maik Zühlke und Erik Sommer bedienen die Klampfen und singen ebenfalls. Seit 1984 gab es regelmäßig die Möglichkeit, im Funk zu produzieren, 1985 durfte gar ein Video beim Jugendfernsehen gedreht werden, 1987 waren MCB in dem DEFA-Film 'Mit Leib und Seele' zugange, traten 1989 beim 'Metalmania'-Festival in Polen auf und hatten Ende '89 die erste Tour durch die Bundesrepublik. Selbstverständlich bleiben sie auch zukünftig hart am Ball.
Inwieweit das auf die Thrasher SHOUT und DARKLAND oder auf DEFCON und M.A.D. zutrifft, konnte ich noch nicht in Erfahrung bringen. MEPHISTO, die in Hannover auf dem Metal-Festival mit Metallica auf gute Resonanz stießen, scheinen sich nun doch umbenannt zu haben (obwohl sie länger bestehen als ihre Wessie-Namensvettern). BIEST hatten in den letzten zwei Monaten des Jahres 1990 leider nur zwei Gigs; MOSHQUITO erging es ähnlich, aber die können wenigstens auf einen Plattenvertrag verweisen. REGENBOGEN (nicht die aus Berlin, deren Sänger Ralf Dohanetz bei V2 gelandet ist) aus Zeitz haben sich aufgelöst, doch mit Hilfe von ehemaligen Mitgliedern des Spektralfarben-Ensembles entstand X-RAY EXAMINATION, deren Einflüsse von VoiVod über Megadeth bis hin zu Bathory reichen. Damit sind wir auch endlich bei einer ganz neuen Ost-Metal-Generation angelangt. Holger 'Theo' Richter (g), Manuel 'Nolli' Noll (d) und Mario 'Nolli' Noll (b, v) gründeten X-RAY EXAMINATION erst am 24.08. 1990, gaben aber bereits am ersten September '90 ihr Debutkonzert. Jetzt wollen sie "proben, proben, proben und soviel wie möglich live spielen, um einen eigen ständigen Stil zu entwickeln und ihren Bekanntheitsgrad zu erweitern". Nebenbei sind die beiden Nollis Lehrlinge (klar, bei 18-jährigen), und Theo ist Lokführer. 'Ne geile Band, von der sicher bald mehr zu hören sein wird.
Auch in anderen Gegenden mausern sich junge Bands. Frankfurt/Oder scheint sich bezüglich solcher Gruppen zu einem ähnlichen Insider-Tip zu entwickeln wie beispielsweise Erfurt. Aus Frankfurt/Oder stammen MADISSON, die im Februar 1990 gegründet wurden. Obgleich Shouter Burkhard Lehmann den Spitznamen 'Lemmy' hat (nichts unrechtes, denn Motörhead werden schließlich von allen Metal-Freaks geliebt), spielen sie Thrash. Die Besetzung komplettieren Bernd 'Olympus' Danzenbacher (g), Bernd 'Ergo' Schneider (b) und Uwe Gabel (d). Die zweite interessante Band aus dieser Stadt heißt BOTT LED, deren Na me nicht als Programm zu verstehen ist, denn während ihrer Auftritte sind sie keineswegs 'abgefüllt'. Christoph Dobberstein (v, b): "BOTTLED wurde am 31.08. 1988 von Kay Gesche (d), Thomas Romberg (g) und mir gegründet, anfangs mit dem Ziel, eine Synthese aus Thrash und Fun-Punk zu kreieren. Nach einigen Gigs in Frankfurt/Oder und Berlin erschien Anfang '89 unser erstes Demo, das mit einem Budget von 400 Alu-Chips in 20 Stunden fertiggestellt wurde. Nach weiteren Konzerten in der gesamten DDR gaben wir am 30.09.89 unser Abschlußkonzert, da wir vorhatten, die Staatsbürgerschaft zu wechseln. Aber nur Thomas siedelte wirklich über, er bedient heute den Zapfhahn in der Rockfabrik Ludwigsburg. Der Rest beschloß, die Band mit neuem Image zu reformieren: Death Metal/Hardcore mit ernsthaften, teils deutschen Lyrics." Wie so oft gibt es mit der Besetzung der Gitarre Probleme; die Band sucht einen neuen Gitarristen, natürlich keinen blutigen Anfänger.
Zum Schluß des Frankfurt/Oder-Spotlights und unseres gesamten Specials, das naturgemäß nicht allumfassend sein kann, noch ein kleiner Leckerbissen - zwei Bands, die ein echtes Energiebündel als Mitglied haben: Frank Nekat, der nur manchmal an den Wochenenden ein bißchen ausspannen kann. Er spielt montags, mittwochs und freitags Schlagzeug bei BOUNDLESS und dienstags sowie donnerstags Bass bei STRANGE WORLD. Mit 20 übersteht man sowas ja noch, wenigstens liegen die Proberäume unmittelbar nebeneinander. Zu STRANGE WORLD gehören noch Jens Kleuckling (25, vocals), Peter Weinold (21, guitar) und Steffen Grafe (22, drums). Sie bestehen in dieser Besetzung seit 1988, haben ihre endgültige Musikrichtung aber erst seit April '90 festgelegt: Hardrock. Frank Nekat: "Es gibt keinen Bandchef - alle entscheiden. Die Kompositionen und Texte, die größtenteils politisch und sozialkritisch sind, werden in der Band erarbeitet. Probleme gab es vor allem, weil wir wegen der vielen Unternehmensgründungen aus einigen Proberäumen geflogen sind. Nun proben wir seit einem Vierteljahr wieder regelmäßig und wollen ab Februar bei Gemeinschaftskonzerten spielen, wofür wir z.Zt. ein neues Programm erarbeiten. Mehrere Gigs in Frankfurt und Umgebung kamen recht gut an. Neuanschaffungen von musiktechnischen Anlagen können wir uns derzeit nicht leisten, da zwei Mitglieder Zivis sind. Zumindest schaffen wir es, uns selbst zu finanzieren, ohne daß es ein Zuschußgeschäft für uns wird." BOUNDLESS wurden im März 1990 gegründet. Sie spielen Hard'n'Heavy, hatten bisher kleinere Auftritte in Clubs, und bei einem Konzert wurde ein Home-Video mitgeschnitten. Da sie alle (noch) nicht arbeitslos sind, haben sie die nötige innere Ruhe, um sich auf die Musik konzentrieren zu können. Die aktuelle Besetzung (neben Frank): Jochen Krüger (22, Id-g), Steffen Kühne (23, b, z.Zt. Zivi) und Dirk Packheiser (21, v, rhythm-g. Student). Trotz bestimmter Idole bei den einzelnen Mitgliedern streben BOUNDLESS einen abwechslungsreichen eigenen Stil an. Und, was ich noch viel wichtiger finde, sie treten für den totalen Zusammenhalt der gesamten Metal-Szene ein. Ihre Botschaft lautet, und das gilt hoffentlich auch für alle anderen heute besprochenen Bands: "Heavies aller Schattierungen und Nationalitäten, vereinigt euch!" (von Jörg Schulz)
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