Zeitungs-Ausschnitte: Cobra

"COBRA - Mit Fleiß und Engagement" - Zeitschrift "Melodie & Rhythmus" (1988)

Zweifellos ist Cobra, von den auf dem AMIGA-Hard-&-Heavy-Sampler aus der "Kleeblatt"-Serie vertretenen Bands, die nicht nur an Jahren jüngste. Da Plattform und MCB, die beiden anderen Bands auf dem Sampler, an dieser Stelle bereits vorgestellt wurden, sollte Cobra nicht fehlen.
Gegründet im Juni 1986, hat sich Cobra einem Konzept verschrieben, das sie selbst als "amerikanischen Heavy Metal" bezeichnen. Sie orientieren sich dabei an Gruppen wie Van Halen, Bon Jovi und Aerosmith, aber auch an Def Leppard oder den Altrockern von Sweet. Eingängiges, rhythmisch durchlaufendes Songmaterial mit leicht faßlichen, melodischen Themen liegt dieser konzeptionellen Idee zugrunde. Und so erwartet dann auch niemand Kunstprodukte, wie sie z.B. bei Queensryche zu hören sind, sondern eher kommerziell angelegte Songs in der Art, wie man sie heute in den Hitlisten wiederfindet. Auf der Bühne wird versucht, dies mit einer bunten, wilden Bühnenshow zu präsentieren, die viel Action zeigt, ohne einstudiert zu wirken. Vor allen Dingen soll das Publikum dabei den Eindruck gewinnen, daß die Band Spaß an ihrer Musik, an ihrer Show hat. "Wir leben schließlich heute, im Jahr 1988, und man kann da nicht mehr einfach auf die Bühne gehen und sagen wir sind gute Musiker, haben geile Songs heutzutage muß man den Leuten auch optisch etwas bieten. Das Auge hört sozusagen mit."
Die eigenen Titel entstehen meist aus einer Session im Probenraum; selbst auf der Bühne, beim Soundcheck oder im Konzert, wenn über alte Themen improvisiert wird, finden sich oftmals Ideen und Anregungen für neue Songs. Wobei sich alle Musiker darüber im Klaren sind, daß man den Rock 'n' Roll nicht mehr neu erfinden kann. Das konkrete Songmaterial erwächst wiederum aus der engen Zusammenarbeit von Sänger und Gitarrist. Dabei will die Band "in den Texten durchaus keine Probleme wälzen", die Texte sollen eher etwas ausdrücken, daß "an das alte Lebensgefühl der Rolling Stones anknüpft ..." Natürlich werden diese Themen nicht konkret ausgemalt, denn auch hier liegt der Reiz in einer fantasievollen Umschreibung. "Wir werden nie über irgendwelche Horrorgeschichten oder Gruselstories singen wie du sie bei Ozzy Osbourne finden kannst, selbst historische Themen a la Iron Maiden sind nicht unser Fall; verarbeiten da eher noch Songs mit Themen aus der Kindheit, z.B. die berühmten Indianerspiele." Und dahinter steht auch, daß sich die Band zum Ziel gesetzt hat, in ferner Zukunft die Konzerte nur noch mit eigenem Material zu bestreiten.
Daß Cobra mit diesem Konzept in unserem Land vor allem bei den beinharten Fans, die derzeit die Speed- und Thrash-Varianten bevorzugen, oftmals geradezu Spießruten läuft, liegt auf der Hand. Hieraus ergibt sich für die Band aber ein weiteres Problem. Für viele Veranstalter verbindet sich nämlich mit dem Begriff Heavy Metal nur noch das, was bei Speed- und Thrashbands angesagt ist. Cobra fällt für sie automatisch mit in diese Schublade und hat so ziemliche Schwierigkeiten, Verträge für Veranstaltungen abzuschließen. Als günstig haben sich in diesem bisammenhang ganz bestimmte Veranstaltungsformen erwiesen, bei denen sich die Gruppe nicht vor einem reinen Heavy-Publikum präsentieren muß. Es sind dies vor allem gemischte Veranstaltungen zusammen mit einer durchschnittlich guten Diskothek und einem dementsprechenden Publikum. Selbst konsequente Diskogänger lassen sich dann begeistern. Das aktuelle Cobra Line-Up sieht folgender-maßen aus: Frank Eichhorn (voc), Steffen Bayer (g), Jens Kuge (dr) und Frank Binke (bg). Kuge und Bayer kommen aus der Oberlausitz, beide gehörten dort bis 1984 zur Gruppe Pumphut, die so ziemlich alles spielte, "was da zwischen Blues und Hard & Heavy existierte". Jens Kuge ist übrigens Autodidakt, Steffen Bayer dagegen Profi, er begann mit sechs Jahren Geige und mit neun Trompete und Gitarre zu lernen, bevor er mit 15 Jahren Pumphut gründete. Bis zur Etablierung von Cobra bewegten sich beide im Regenbogen-Umfeld, gehörten zu einigen der unzähligen Regenbogen-Varianten. Frank Eichhorn kommt aus Halle und wollte eigentlich Gitarrist werden. Seine ersten Gruppen hießen Gravitation, Elch und Rocket, bevor er dann über die Stationen Countdown und Mephisto zu Cobra stieß. Er ist übrigens der Erfinder des Gruppennamens. Steffen und Frank sind die eigentlichen "Macher" der Band. Steffen ist außerdem der Band-Designer, er entwirft die Bühnengarderobe, von ihm stammen auch die meisten Showeinfälle. Ein auf der Bühne nahezu unbeschriebenes Blatt ist der neue Bassist Frank Binke. Er begann erst mit 13 Jahren Gitarre zu spielen, wechselte wenig später zum Baß und ließ sich an einer Musikschule ausbilden, bevor er im Mai 1988 zu Cobra kam. Dort ersetzte er Bodo Hildebrand, der noch die vier Titel der bereits erwähnten "Kleeblatt"-LP miteingespielt hatte. Die Gruppe ist eigentlich recht froh über den neuen Mann am Baß, "der nicht nur musikalisch, sondern auch optisch und menschlich zur Band paßt". Mit ihm scheint sich für Cobra das bislang leidige Bassistenproblem zu lösen.
Durch die erwähnten personellen Probleme entsprachen die vier Titel der "Kleeblatt"-LP ebenfalls noch nicht ganz dem angestrebten Konzept. Das soll nun erstmals auf einer geplanten Quartett-Single verwirklicht werden. Alles in allem ist Cobra eine Band mit sehr konkreten Vorstellungen von dem, was sie machen will und vor allem von dem, was sie erreichen will. Die Musik entsteht nicht ausschließlich aus dem Gefühl, aus dem Bauch heraus, sondern ist durchaus durchdacht, besonders was die Bühnenpräsentation angeht. So wurde eigens für den "STOP!-Rock"-Auftritt im Januar 1988 eine eigene Choreographie erstellt. Übrigens probt Eichhorn derzeit an einem Salto Rückwärts. Neben weiteren Fernsehauftritten, u.a. bei "drammss", arbeitet Cobra auch an einem neuen Konzertprogramm (Franks Saltoübungen weisen direkt darauf hin), das zu 90% aus eigenem Material bestehen soll. Hierfür wird auch der Satzgesang ausgebaut. Darüber hinaus will man aber auch das Line-Up erweitern. Hier ist die Gruppe aber noch auf der Suche nach einem variablen Musiker, der Gitarre und Keyboards gleichermaßen beherrscht.
Bleibt also noch viel Arbeit für eine aufstrebende Jung-Band, die mit Fleiß und Engagement das eigene Konzept perfektionieren will. (von E. Leo Gehl)
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