"MCB - zwischen Speed, Black und Rock 'n' Roll" - "Melodie & Rhythmus" (1988)Die Wege waren verschieden. Jahrelang haben sie nach dem Heavy-Idiom als Ausdrucksmittel ihrer persönlichen Empfindungen und Erfahrungen gesucht, sich ihm sogar zeitweilig genähert, es aber als solches für sich erst viel später entdeckt.Den weitesten Bogen von allen schlug eigentlich Mike Demnitz (b, voc), Jahrgang 1949. Unbestritten ist er die treibende Kraft dieses Unternehmens. Seine musikalische Laufbahn schlängelt sich so ziemlich kreuz und quer durch die Rockgeschichte des Landes. Wie viele seines Jahrganges versuchte er zuerst, in einer Schulband die Songs der Rolling Stones zu kopieren. Das musikalische Fiasko dieser allerersten Gruppe brachte ihn aber dazu, sich ernsthafter mit seinem Instrument zu befassen. Und so kam er 1968 zur ersten Amateurband, es folgten die Quintaners (bereits mit Trepte), die sich aber noch im gleichen Jahr auflösten. Nach der Armeezeit betrieb Demnitz in Dresden seine musikalische Ausbildung weiter und spielte u.a. in einer Studentenband der Musikhochschule. Kurze Zeit später fand er Anschluß an die erste Berufsformation (Fred Herfter), in jenen Tagen eine der führenden Gruppen im Dresdner Raum. Von Herfter zog es ihn zu Lift, danach zum Ekkehard-Sander-Septett. Eine gediegene musikalische Weiterbildung erhielt er 1972/1973 bei Electra durch Bernd Aust. Mit Electra sammelte er auch Studioerfahrungen, u.a. bei den Aufnahmen zur ersten Electra-LP. Hardrockgehversuche unternahm Mike zusammen mit Trepte, Dohanetz und Lohse bei Vitamin C. Über Perpetuum Mobile aus Karl-Marx-Stadt kam er zu Reform (1975-78), zu hören auf der ersten Reform-LP. Die härteste musikalische Gangart in Trioform probierte Demnitz dann mit dem Gitarristen Peter Sandkaulen bei Lava. Dieses Unternehmen scheiterte noch an der mangelnden Publikumsresonanz. Die nächsten Stationen hießen Sieghart Schubert (1979/1980) und erneut Reform (bis 1983) mit weiteren LP-Produktionen. Schon im Sommer 1982 pulsierte wieder das "Heavyblut"`, und Mike fühlte bei Sebastian Baur (a, voc) und Jörg Skaba (dr) vor, stieß aber zunächst nur auf Interesse und Sympathie, da beide noch feste Keks-Verpflichtungen hatten. 1983 begann dann der aufstrebende Heavybassist das Trio-Projekt zielgerichtet vorzubereiten, und zwar mit Erfolg, denn der erste öffentliche Auftritt ging endlich am 19. November 1983 über die Bühne. Seine Mitstreiter fand er zunächst in Charly Ludwig (g, voc) und Bernd Schilanski (dr), zwei Musiker aus der Magdeburger Szene. Aus Mike, Charly und Bernd wurde so MCB, auch liebevoll Magdeburger Chaoten Band genannt. Mike setzte auch gleich alles daran, sein neues Projekt in den Medien bekannt zu machen. Aber erst am 28 .Januar 1985 schafften die drei Musiker den Durchbruch mit der Aufzeichnung eines ihrer Konzerte im KKH Schönebeck bei Magdeburg. In der Folgezeit wurden die Titel "Ich bin ich", "Hannes" und "Hexenjagd" aus dem Mitschnitt ausgekoppelt, alle belegten vordere Plätze in der "Beat-Kiste" von STIMME DER DDR. Im Sommer des gleichen Jahres kam es zur heute nun schon legendären Produktion in der Radebeuler Schwimmhalle, ein bis dato einmaliges Projekt in der Rockmusikproduktion des Rundfunks; suchte man doch nach einem adäquaten Soundumfeld, das der Stilistik den nötigen Druck geben sollte, u.a. entstand "Im Kontaktclub". Nach dem bisher einmaligen TV-Auftritt bei "rund" im September 1985 mit der "Hexenjagd", traten nicht nur musikalische Differenzen zwischen "Motörhead-Mike" und "ZZ-Top-Charly" offen zu tage. Das führte Anfang 1986 zum Bruch. Für Charly kam der ehemalige Monokel- und Keks-Gitarrist Sebastian Baur, Jahrgang 1957. Sebastian hatte mit neun Jahren sein erstes Instrument - eine Ukulele, er begann sich im Alter von 15 Jahren ernsthaft für Rockmusik zu interessieren, übte Gitarre und Schlagzeug, beschäftigte sich dann auch mit Bluesmusik (bei Blues-Boulevard, u. a. mit Gunther Krex; die Band existierte bis Oktober 1975). Kurze Zeit darauf fand sich die erste Monokelbesetzung, zu der er gehörte. 1976 Trennung von Monokel und der Versuch, mit Christian Liebig (b), Mario Janek (dr) und Bernd Wendemacher (voc) die Gruppe Novo auf die Beine zu stellen. Das Unternehmen endete im Streit, und Sebastian ging zu Monokel zurück. Von November 1979 bis Mai 1980 ersetzte er dann Reinhard Tesch bei Metropol. Im Programm bereits Material von Ted Nugent, ZZ Top und Status Quo. Sebastians weitere Stationen hießen Elefant Berlin und Fogs (im Repertoire auch Nummern von Van Halen und Judas Priest). Hier entdeckte er auch seine Liebe zu Motörhead. Dann kam das Angebot von Keks, und mit dieser Gruppe war er auch zum ersten Mal in den Rundfunk- und AMIGA-Studios (Keks-LP, 1983). Ab Januar 1986 begannen schließlich die regelmäßigen Proben mit MCB, im Dezember 1986 wurde die "Heavy Mörtel Mischmaschine" eingespielt, doch im März '87 rotierte wieder einmal das Personenkarussell bei MCB. Aus familiären Gründen wechselte Bernd Schilanski zur Magdeburger Gruppe Scheselong. Für ihn einen passablen Schlagzeuger zu finden, war nicht einfach, zuviele "Taktlose" tauchten auf. Erst Jörg Borchert, Jahrgang 1964, der zuvor bei Fam und Passion getrommelt hatte, entsprach den Vorstellungen von Mike und Sebastian, hat er doch "einen schnellen Fuß und eine schnelle Rechte, darüber hinaus mag er "schmutzigen" Rock'n'Roll". In dieser Trio-Besetzung entstanden bis Oktober 1987 auch die Songs "Lied des Galgenbruders an Sophie das Henkersmädel", nach dem Text von Christian Morgenstern, sowie "Eisenmann", "Kommando 308" und "Vergiß es". Letztgenannte Lieder sind auch auf der Kleeblatt-Scheibe Nr.22 - "Hard & Heavy" zu hören. Ein Mann darf jedoch bei MCB nicht unerwähnt bleiben - Franz Trommer, Jahrgang 1955, Tontechniker und Manager, ebenfalls in Dresden zu Hause. Ergebnis seiner Arbeit ist ein weiteres, herausragendes MCB-Projekt in diesem Jahr: eine Mammut-Tour zusammen mit Prinzz und Rochus aus Erfurt sowie einer speziellen Heavy-Metal-Diskothek. Geplant sind vor allem Freilicht-Konzerte. Aber nicht nur live, auch im Kino wird man MCB ab April erleben können; als Band und Kleindarsteiler in dem DEFA-Streifen "Mit Leib und Seele". Und mit Leib und Seele sind die Drei wirklich bei der Sache, wollen sich musikalisch aber nicht festlegen lassen, sei es nun auf Speed oder Black oder Thrash. Die Band möchte vor allem musikalisches Material spielen, das ihnen Spaß macht und Spaß bereitet ihnen auf alle Fälle jede urwüchsige Musik, egal wie sie heißt. (von E. Leo Gehl) "Mauern im Osten, Ignoranz im Westen" - Zeitschrift "Metal Star" (1988)Die DDR, Land der Trabis, wo unerbittliche Mosher von einem Kulturhaus zum anderen fahren, um die geilen Metall-Bands zu erleben. Die DDR ist Mosher-Mekka, soviel hat sich im Westen rumgesprochen. Was sich herumsprechen sollte, ist, daß es so rosig weißgott nicht ist. MCB, Veteranen der drübigen Metal-Szene haben so manches Mißverständrds aufzuklären. "Ich habe schon immer hart spielen wollen. Ich habe vom Beat an, Beatles, Rolling Stones, Led Zeppelin, alles mitgenommen. Ich wollte immer die härtere Sache durchziehen - mußte aber laufend Kompromisse machen, weil ich als Bassist Begleitmusikant war und nichts zu sagen hatte."Mike Demnitz, Kopf von MCB, hat ziemlich viele Stationen DDR-Rock durchlaufen, so bekannte Gruppen wie Electra und Reform inclusive. Sein Ding waren die Seicht-Bands nie. Deshalb startete er vor zehn Jahren Lava. Ein höllisch heißes Ding, doch die Eruption kam ein Jahrzehnt zu früh, die Lava erkaltete und löste sich bald wieder auf. Wieder mußte sich Mike Demnitz als Brotmusiker verdingen, bevor MCB an Form gewann - in der klassischen Dreierbesetzung, die er schon immer wollte. Zuerst stand "MCB" für die Anfangsbuchstaben der Musiker, doch nachdem C und B ausgetauscht wurden, muß nun "Motor City Barbaren" als übersetzung herhalten. Mit MCB ging endlich das los, was Lava versagt gewesen war. Gröhlende Fans in Scharen, Erfolg in den DDR-eigenen Wertungssendungen - man ist wer. Und doch: Wer erwartet, daß MCB ob der Metal-Euphorie auf Schultern getragen werden, kennt den Behördenstaat DDR schlecht. "Als Heavy Gruppe hast du es auf jeden Fall schwerer. Da gibt es Schwierigkeiten mit den Spielgenehmigungen. Die Behörden haben regelrecht Angst davor, was da für Leute kommen, dabei ist bei uns noch nie etwas passiert." Dazu gehört allerdings eine Menge Glück, denn wenn die Spießerfront mobil macht, sitzen MCB schnell mal in der Patsche: "500 Leute haben vor dem Saal auf uns gewartet. Da hat der Veranstalter uns erzählt, daß wir rausgehen und den Leuten sagen sollen, daß das Konzert aus technischen Gründen ausfällt. Haben wir uns geweigert, stimmte ja auch nicht. Außerdem sind dann die Fans enttäuscht, und da gibt's leicht Arger. Zum Schluß gab's dann doch ein Konzert, aber was für eins! Der Veranstalter hat für diesen einen Abend alle Kellner und alles Servierpersonal entlassen und erst zwei Stunden nach dem eigentlichen Beginn des Konzerts mit dem Kartenverkauf angefangen." Ankedoten aus der Metal-Hochburg DDR und leider nicht die einzigen: "Es gibt ganz schöne Repressalien gegenüber Bands, die solche Musik machen wie wir. Wir sind mal nach Cottbus gefahren, wo uns die Polizei sagte, wir könnten nicht spielen. Einfach so. Oder der Veranstalter sagt ohne Angabe von Gründen ab." Dazu muß man wissen, daß Bands in der DDR darauf angewiesen sind zu spielen, um zu überleben. MCB sind Profis, und als Profis werden sie für ihre Auftritte bezahlt. Sonstige Einnahmen sind spärlich. Große Pausen oder üppige Urlaube sind völlig unmöglich, wenn man mindestens zehnmal im Monat auftreten muß, um finanziell über die Runden zu kommen. "Im März zum Beispiel hatten wir 16 Termine - von denen sind schließlich sieben realisiert worden." Bei den anderen guckte die Band in den Mond. Da ist es doppelt bitter, wenn einem da noch in den Rücken gefallen wird. "Wir haben mit zwei anderen Gruppen eine Platte gemacht, so ein "Kleeblatt", und die ist vom Metal Hammer ganz schön verrissen worden. Zuerst haben sie so getan, als wäre die Platte nur von einer Band - das geht ja noch an - aber da werden Aspekte dargelegt, die die Leute gar nicht einschätzen können." Was Mike Demnitz besonders aufregt, ist der so pauschale wie völlig falsche Vorwurf, daß auf der Platte staatlich geförderte Altrocker sich abquälen, während der wahre Untergrund sein trauriges Muckerleben fristen muß. Derartige Ignoranz kann MCB wirklich auf die Palme bringen. Vom Staat haben sie in all der Zeit noch keinen Pfennig gesehen, und einzig ihre Breitenwirkung bewahrt sie davor, von staatlicher Seite auf den Index gesetzt zu werden. "Im Untergrund spielen die meisten Amateur-Bands Thrash - was die Leute offensichtlich hören wollen. Aber die können nicht unterscheiden, ob das nun wirklich gespielt oder nur gedroschen ist" - die Wahrheit über die vielgerühmte und selten gesehene DDR-Szene. "Wir spielen nur eigene Lieder und eins von Metallica - um zu zeigen, daß wir es können." Was Manager und Mixer Franz Trommer bemängelt, ist, daß die meisten Bands ihren Westkomplex nie überwinden: "Die spielen nur nach und entwickeln kein eigenes Profil." Eben das hat MCB. Brachialer Hardrock zwischen solider Spieltechnik und Motörhead. Die musikalische Seite stellt also kein Problem dar; anders sieht es mit den Texten aus. "Im Metal Hammer stand, die wären alle scheiße." Mike ist sichtlich sauer: "Wir haben einen Text von Morgenstern - "Henkersmädel" - der ist einfach deutsches Kulturgut. Was die anderen angeht... wenn es nach uns ginge, klängen die verschärft." Doch diese freie Gestaltungsmöglichkeit existiert eben nicht: "Du mußt immer überlegen, ob du das Wort benutzen kannst oder nicht. Wird das Lied mitgeschnitten, ändere ich eben den Text." Abgesehen davon, daß "Henkersmädel" wirklich sehr gut rüberkommt, wird wohl klar, wie sich MCB durchzulavieren hat zwischen den eigenen Ansprüchen und denen der Fans auf der einen Seite und der behördlichen Zensur auf der anderen. Doch das ist noch nicht alles: "Zum Beispiel im Studio, wo wir aufgenommen haben, da nehmen die Kontaktspray und sprühen damit die Regler ein. Die werden darin hin und herbewegt - und wenn sie zufällig eine Stellung erreicht haben, wo sie nicht mehr krachen, dann wird das so aufgenommen." Tschechoslowakische Technik von 1950 im Wettstreit mit den Millionen-Mogulen im Westen. Da schmerzt Ignoranz natürlich besonders, zumal es MCB vor allem auf den Vergleich ankommt. Im eigenen Land haben sie so ziemlich alles niedergespielt, was sich ihnen in den Weg stellte. Das Ende dieses Weges ist erreicht. "Wir müssen unbedingt mal raus, weil wir sonst nicht mehr wissen, wo wir noch spielen sollen. Aber die etablierten Bands, die am Drücker sind, lassen niemanden ran. Obwohl wir die alle in den Sack spielen würden, sehen wir keine Möglichkeit, da durch die Decke zu stoßen. Keine Chance also, international wirksam zu werden, speziell in Westeuropa. Wir würden uns gern mit den einschlägigen Bands messen..." - aber wie? Da trollen sie sich wieder, die Helden im Metal-Paradies und hören sich an, wie russische Gruppen hochgejubelt werden, die mehr mit dem Yes- und Genesis-Schleim der Mittsiebziger zu tun haben als mit Heavy Metal. Zurück in den täglichen Kleinkrieg um Spielgenehmigungen, zusammenbrechende Transportmittel, explodierende und schon fünfzigmal reparierte Verstärker. Sie schießen wie Pilze aus dem Boden, die Metal-Bands, aber der ihnen entgegenschlagende Wind ist immer noch recht frostig. (von Michael Prellberg) Rezension des Demos "Bloody Kisses" - Zeitschrift "Rock Hard" (1991)Arroganz ist angesagt: "Was, Ossis seid ihr? Hinfort, ihr Fußabtreter!" Wer nicht Augenwischerei betreiben will, gibt zu, daß dieser Trend sich kaum nur auf Wirtschaft und Politik beschränken läßt. Aber ich habe beiderseits des ehemaligen Todesstreifens schon genug Tiefflieger erlebt, als daß ich solch ein Schubladendenken noch fördern würde. Doch ein bißchen hat das MCB-Demo "Bloody Kisses" doch mit der momentanen Ostland-Situation zu tun: Es ist nicht zur LP geworden, weil die Plattenfirma keine Kohle mehr hatte, und der Song "Drinker" scheint die Probleme derer zu beschreiben, die in das Räderwerk eines massiven Personalabbaus geraten sind, wie es sich niemand in der ex-BRD vorstellen kann. Da geht es nämlich nach dem Motto: Zuhause is` Not und Elend, 'rin in die Kneipe. "Tag für Tag, Jahr für Jahr - trink' ich Whisky, trink' ich Bier" heißt es in dem Titel. Egal, was für welche - Gründe gibt es sowieso immer, wird sich mancher sagen. Also, Prost! In einem der folgenden Stücke wird ohnehin zum Festmahl von Luzifer eingeladen, da kann sich "The Old Wolf" ruhig auf seine "Last Ride" (treibender Rhythmus) machen, um zuguterletztin "The Trap" (mit ursprünglichem Rock'n'Roll-Feeling) gefangen zu werden und den "Bloody Kisses" zu erliegen. Einzig "Jolly Roger" ist zu Piraten-fröhlich, ansonsten dominiert eine Grabesstimme, die ihre Botschaften bequem innerhalb des eingeschränkten Tonumfanges einer Oktave zu verbreiten weiß. Nach Anhören dieses Tapes kann ich endlich das Wort "minimalistisch" richtig deuten und würde es zumindest allen empfehlen, die etwas mit Motörhead und weniger extremen Thrash-Bands anfangen können. Death Metal-Puristen, Vorsicht: Die Vocals kommen teilweise richtigem Gesang nahe...Ordern kann man das Teil bei Franz'l Trommer, Dresden (für schlappe 12,- DM inkl. Porto fast 40 Minuten Musik!) (von Jörg Schulz) |