Zeitungs-Ausschnitte: Prinzip (1)

Band-Portrait von PRINZIP - Zeitschrift "Melodie & Rhythmus" (1977)

Kürzlich war die Berliner Rockband PRINZIP mit neuem Konzertprogramm in der beliebten Berliner Veranstaltungsreihe "Hallo Babylon" zu hören. Dabei zeigte sich, das die Gruppe eine gute Entwicklung genommen hat. 1973 gegründet, kann PRINZIP inzwischen auf einige Erfolge verweisen: Dazu gehören die Rundfunkhits "Der große Star" und "Sieben Meter Seidenband", die AMIGA Single "Müh dich fort" / "Beschwerde", der Sieg beim Intertalentewettbewerb der Fernsehsendung "rund" 1974, der erste Platz bei der Musikauktion in Jena 1975, der Auftritt vor den Erbauern der Drushba - Trasse Anfang 1976 in der UdSSR...
PRINZIP hat sich in den letzten Jahren einen eigenständigen Musikstil erarbeitet, der im wesentlichen zum Hard-Rock tendiert. Das gilt auch für die neuen Eigenkompositionen im aktuellen Konzertrepertoire. Dabei fällt eine gute Synthese zwischen rhythmischen und melodischen Elementen auf. Großen Wert legt die Gruppe auf gekonnte showmäßige Umsetzung ihrer Musik. Die aktuelle Besetzung: Jürgen Matkowitz - Gitarre, Synthesizer, Gesang; Frank Czerny - Bass; Klaus Scharfschwerdt, Schlagzeug, Gesang (von Walter Cikan)

"Der Zaubermann" - Zeitschrift "Neues Leben" (1978)

20.00 Uhr. Im Saal IV des Rundfunkstudios flammt grelles Neonlicht auf. Der so plötzlich aus dem Dunkel gerissene Raum erinnert im ersten Augenblick an die Kommandozentrale eines Düsenjets: die an den Wänden hochgezogenen technischen Aggregate, das kolossale Mischpult, die beiden kleinen Drehsessel davor. Nur die großen Lautsprecherboxen passen nicht in dieses Bild von einem Cockpit. Der Produzent und der Toningenieur schalten die Geräte ein. Von ihrem Platz aus können beide durch die riesige Glasscheibe sehen, die statt einer Wand das Studio vom Produktionsraum trennt. Dort sind bereits die Musikanten der Gruppe Prinzip beschäftigt. Sie kennen sich im Studio aus, hier haben sie bereits mehrmals neue Titel eingespielt. Während der letzten Produktion im vergangenen Jahr wurden dabei solche Titel wie die "Supernummer" und der "Feuer–Rock" aufgenommen, deren Diskothekencharakter ihnen zu großer Popularit&suml;t verhalf. Uns interessierte wie solche Titel entstehen. Und so waren wir für euch bei den Aufnahmen vom "Zaubermann" dabei.
Nebenan sind sie soweit. Klaus Scharfschwerdt steigt hinter sein Schlagzeug, Frank Czerny hängt sich die Bassgitarre um, Rainer Kirchmann macht es sich auf einer Kiste vor den Tasteninstrumenten bequem und Jürgen Matkowitz stimmt seine Gitarre. Matko hebt schließlich zum Zeichen für den Produzenten den Arm: Fertig! Dann legt die Rockband los. Jeder spielt was ihm gerade einfällt. Dabei werden noch einmal die Instrumente geprüft. Auf der anderen Seite der Glasscheibe steuert der Toningenieur die Aufnahmepegel aus. Noch steht die große Studiomaschine still, noch hat die richtige Arbeit nicht begonnen.
Dann wird es ernst, wird jeder Ton mitgeschnitten. Nun können sich die Musiker miteinander nur noch mit Blicken verständigen. Nur von Klaus und seinem Schlagzeug ist nichts zu sehen. Schallschluckende Wände wurden um ihn herum aufgestellt, denn sonst würden von den Instrumenten der Band nur seine Drums zu hören sein. Was man wegen der Wände nicht sehen kann: Am Schlagzeug wurden alle Trommeln, Becken und der große Gong mit Mikros bestückt – sechs insgesamt. So nimmt das Schlagzeug bereits sechs der sechzehn zur Verfügung stehenden Spuren auf dem breiten Aufnahmeband in Anspruch. Weitere fünf Spuren belegen Bass, Gitarre und die Keyboards: Synthesizer, Mellotron, Hammand–Orgel.
Im Studio drehen sich die Spulen der Aufnahmemaschine. Mit 38 cm in der Sekunde läuft das Band über die Tonköpfe und zeichnet gewissenhaft jedes Instrument einzeln auf eine Spur auf. X-mal spielen die vier ihren Titel, und ich staune über ihre Gewissenhaftigkeit: Immer wieder werden Einwände vorgebracht, dieser Gitarrenpart sei nicht gelungen oder an jener Stelle habe sich der Schlagzeuger vertrommelt. Davon hatte ich nichts gehört. Endlich sind die Musikanten zufrieden. Matko wirft einen fragenden Blick durch die große Scheibe: Ist auch die andere Seite einverstanden? Walter Cikan, der Produzent, hebt den Daumen: Top! Der Sound steht. Dann sind auch die Musikanten im Studio, alle gemeinsam hören wir die Aufnahme ab. Jemand geht Kaffee holen, das Grundband ist fertig. Rainer, der den "Zaubermann" komponiert und arrangiert hat, spricht sich noch einmal mit Walter und Matko ab. Es ist Rainers erste Komposition bei Prinzip, der neue Mann ist erst seit einem Jahr bei der Band; verständlich, das ihm diese Produktion ganz besonders wichtig ist.
Matko schlägt vor, drei Gitarren einzuspielen. In der Pause erklärt er es mir. Entsprechend dem internationalen Trend werden bestimmte Gitarren–Phrasen mehrmals übereinander gespielt. Mit einer solchen Dreifachgitarre wird der Sound des Titels noch breiter und runder. Natürlich spielt Matko beim Konzert nur mit einer Gitarre, aber da ist das Publikum eben auch live dabei. Als Radiohörer von heute haben wir moderne Hörgewohnheiten. Matko hat mit seinen drei Gitarren weitere drei Spuren auf dem Studioband belegt. So sind gegen Mitternacht von den sechzehn Spuren noch zwei geblieben für den Gesang. Doch erst einmal gehen wir "Mittag essen".
Als wir wieder ins Studio kommen, erwartet uns Jan Witte, der Texter des neuen Titels. Im Senderaum setzt sich Rainer die Kopfhörer auf. Er bekommt den Titel eingespielt und singt darauf erst einmal die erste Strophe. Dann wird abgehört. Jan will anderes betont haben, Walter sind ein paar Schleife zu viel im Gesang, und Matko fordert mehr Kraft beim Singen. Schließlich sind beide Seiten zufrieden. Es ist halb zwei. Nun müssen Frank, Klaus und Matko noch einmal in den Produktionsraum, der Background–Chor wird aufgenommen. Dann stimmt auch der Refrain des Titels. Der Produzent sieht hin– und wieder verstohlen zur Uhr, die Zeit drängt. Später müssen noch alle sechzehn Spuren abgemischt werden. Der Toningenieur stellt gemeinsam mit dem Produzenten die sechzehn Regler ein, so das jedes Instrument und der Gesang gut zu hören sind. Endlos wird probiert, denn von der richtigen Mischung hängt es ab, wie der Titel endgültig klingt.
Schließlich sind alle Spuren abgestimmt. Noch einmal wird der neue Titel abgefahren. Die Spannung der letzten Stunden löst sich. Jemand schaltet das Radio ein. Da meldet sich der Sprecher des Frühprogramms: "Guten Morgen, liebe Hörerinnen und Hörer, es ist jetzt vier Uhr vierundfünfzig." Der neue Titel ist sendefertig. (von Eleonore Elsner)

"NEUES LEBEN bittet um Auskunft über PRINZIP bei Partnern der Band" - Zeitschrift "Neues Leben" (1982)

Der Lehrer: Kurt Peukert (Musikpädagoge)
Viele der Musiker unserer Rock- und Popformationen habe ich im Laufe der Jahre an der Musikschule Friedrichshain unterrichtet. Die PUHDYS gehörten damals zu den ersten, wenn ich mich recht erinnere. Es war ja nicht immer schon so, das an den Musikschulen auch Tanzmusikunterricht erfolgte. An dieser Musikschule wurde es zur Tradition. Und das war gut so. Und wenn man sich mal unsere Spitzenformationen ansieht, wird man sehen, das in fast jeder Band einige sind, die bei uns ihre "musikalischen Lehrjahre" verbracht haben. Mit vielen von ihnen stehe ich noch heute in Kontakt. Insbesondere trifft das auch auf die Berliner Rockformation PRINZIP zu. Oft besuche ich Konzerte von ihnen, und anschließende Gespräche mit den Musikern bestätigen mir immer wieder, das die Band sehr kontinuierlich daran arbeitet, ihr schon erreichtes typisches Profil im Bereich des Hard Rock weiter zu qualifizieren. Die Gruppe ist schon seit vielen Jahren gleichbleibend erfolgreich und kommt besonders bei jungen Leuten gut an. Meiner Ansicht nach ist das auch Ergebnis der sehr engagierten Beschäftigung der Musiker mit der Spezifik heutiger Rockmusik. In der Gruppe setzt man sich eingehend mit der Umsetzung neuer konzeptioneller Ideen auseinander, diskutiert im gesamten Kollektiv, über Fragen von Text, Arrangement, Komposition und bühnenwirksamer Umsetzung. Jeder ist auch bemüht, sich fachlich weiter zu entwickeln. In diesem Zusammenhang steht jetzt zum Beispiel die Einarbeitung der jüngsten Bandmitglieder Bernd Haucke und Ralf Bursy im Vordergrund.
Der Produzent: Karl-Heinz Ocasek (Produzent bei AMIGA)
Das Gespräch zwischen mir und der Gruppe PRINZIP wurde zu unterschiedlichen Zeiten mit unterschiedlicher Lautstärke geführt. Wobei Gespräche einschließt: die Arbeit im Studio, das Anhören von gegenseitigen Meinungen, die Verärgerung des einen oder anderen, den Prozess der Annäherung bis zur Übereinstimmung, jetzt und überhaupt die richtige Variante gefunden zu haben. Das ging so über Jahre mit unterschiedlichem Erfolg. Zwischendurch wechselten die Besetzungen, und dann fällt uns manchmal ein, dass wir uns schon über zwölf Jahre kennen - nicht als Gruppe und Produzent - sondern als Jürgen Matkowitz und Charly Ocasek. Und so erinnere ich mich an die Anfänge, als die PRINZIP Musik einbrach in das muntere Dahinplätschern einer zur damaligen Zeit bevorzugten Musikrichtung. (Nichts gegen Schlager!) Und dann kann man auch schon einmal mit den Kenntnissen von heute frotzeln: Also besseren "New Wave", als den der Gruppe PRINZIP 1973, kann es eigentlich nicht geben.
Was schätze ich nun aus Erfahrung an der Gruppe PRINZIP? Die Kommunikation zwischen Musikern und Zuhörern, also das Aufheben der Schwelle von Bühne und Publikum. Die Vitalität der Musikanten, den Spaß, den Drang zur Show und natürlich das wunderbare Feuerwerk.
Was wünsche ich aus Erfahrung der Gruppe PRINZIP? Noch mehr Konsequenz bei der Durchsetzung ihres nun einmal gewählten musikalischen Profils, noch klügere Texte und nichts von dem verlieren, was ich an PRINZIP so ungemein schätze. In diesem Sinne sollten wir die nunmehr dritte Langspielplatte angehen.
Der Musikredakteur: Wolfgang Martin (Musikredakteur DDR Rundfunk)
PRINZIP gehört zu den meist gesendeten Gruppen im DDR-Rundfunk. Die Ursache liegt auf der Hand, ist in ihrer Musik selbst begründet, die viele Anhänger hat. Begriffe, wie "Dampfhammer-Rock" oder "Losgeh-Power Rock" stehen oft als Synonym für jenen Musizierstil, den PRINZIP seit acht Jahren praktiziert. Daran hat sich bis heute (auch was ihre Medienpräsenz angeht) nichts geändert. Angefangen bei ihren ersten Rundfunkproduktionen aus dem Jahre '74, von denen noch heute "Der große Star" oder "Sieben Meter Seidenband" im Ohr sind, über gegenwärtige Titel wie den "Presslufthammer-Conny" oder den Titelsong ihrer zweiten LP "Der Steher" bis hin zur "Sonnensage", weist die Gruppe nicht nur ein beständiges, sondern auch beim Publikum gefragtes Repertoire auf. Hörerresonanz widerspiegelt sich u.a. in ersten Plätzen der einschlägigen Wertungs- und auch Porträtsendungen, die in regelmäßiger Folge über den Äther gehen. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir beispielsweise ein Konzert von PRINZIP, das gemeinsam mit der populären CSSR-Rockband "Katapult" im Rahmen einer öffentlichen Beatkiste der Redaktion Jugendmusik von Stimme der DDR vor Einheiten der NVA stattfand. Nicht enden wollende Da-capo-Rufe, eine überschäumende Begeisterung gab es da. Übrigens ist PRINZIP auch die einzige Gruppe, von der ein gesungener Titel wöchentlich als Vor- und Abspann einer Sendereihe im Rundfunk genutzt wird - nämlich "Das ist unsere Musik". Dieser Titel ist sozusagen programmatisch für das Anliegen von PRINZIP als auch der Sendereihe. (von Ingeborg Dittmann)
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