Zeitungs-Ausschnitte: Viper

VIPER: Rules Of Weakness - Fanzine "Loud 'n' Proud" (1990)

Auch wenn VIPER nicht im Billing des Berliner Rocker-für-die-AIDS-Hilfe-Marathons vertreten waren, so ließen es sich die Jungs nicht nehmen, eine Abordnung aus ihrem Luckenwalder Camp als stille Beobachter in die Langhansstraße zu schicken. Nahezu unvermeidlich war es dann ferner, dass sie dem LOUD 'N' PROUD-Vertreter über den Steg liefen, der die Herren gleich in eine halbwegs ruhige Ecke zerrte, um sie nach Neuigkeiten aus ihrem Lager auszuquetschen. Erstes Opfer war dabei Bandleader und Gitarrist Jens Katterwe.
Jens, wie würdest Du die Musik, der sich VIPER verschrieben haben, am ehesten charakterisieren? "Ja, wir sind sehr vom Speed-Metal und vom Thrash beeinflußt worden, wobei unsere musikalischen Vorbilder naturgem&suml;ß solche Bands wie METALLICA, KREATOR und SODOM sind. Allerdings sind wir dabei bestrebt, ein eigenes Profil zu entwickeln. So besteht unser Programm zu gut 45 Minuten aus Eigenkompositionen. Unser derzeitiges Programm heißt "Rules Of Weakness". Die inhaltliche Aussage ist die, daß man sich auch einmal um die Rechte der Schwächeren kümmern sollte. Gerade wir HM-Bands haben ja auch darunter zu leiden: Es gab ja hier in der DDR bis vor kurzem nur zwei oder drei Metal-Bands, die praktisch vor alle anderen vorgeschoben wurden - frei nach dem Motto: 'Wir tun ja doch was für das ungeliebte Kind 'Heavy Metal'. Alle anderen Bands durften sich dann nur noch ganz unten durchbeissen. Dabei stand dann die musikalische Arbeit völlig im Hintergrund, da man ja zum Beispiel die ganzen Genehmigungsproblematiken zu bewältigen hatte. Aber das fällt ja nun weg. Jetzt können wir uns voll und ganz auf die Ausarbeitung unseres neuen Konzertprogramms "Cry For Justice" konzentrieren."
Stichwort "Konzept". Ihr habt ja, seitdem es VIPER gibt, bestimmt nicht gleich mit solchen Sachen wie eben SODOM und KREATOR angefangen. "Das ist richtig. Wir haben uns 1984 zusammengerauft und sind jetzt so seit 1985 zusammen. Anfangs haben wir dabei Vertreter des NWOBHM nachgespielt - besonders IRON MAIDEN." Wie kommt man aber von IRON MAIDEN zu SODOM? Seit ihr da nicht vielleicht auf einen gerade gut fahrenden Zug aufgesprungen? "Du meinst sicherlich, daß wir uns zu Wendehälse der Musik gemacht haben. Ich glaube, man muß davon ausgehen, daß wir Musik für eine breite Masse machen wollen. Und weiterhin ist festzustellen, daß das Metal-Publikum im 3-Jahres-Rhythmus in den Umbruch kommt. Früher war das für uns zum Großteil eine ökonomische Seite: Wir mußten immer am Publikum bleiben, denn wenn der Saal leer bleibt, kauft uns der Veranstalter nicht mehr ein. Für die Zukunft hingegen sind wir in die Pflicht genommen, ein eigenes Profil zu entwickeln - und das tun wir auch mehr denn je." Um da einmal den Faden weiter zu spinnen: Im Moment ist der Sleaze ja gross im kommen. Könnte es sein, daß sich VIPER auch an dieser Welle orientieren? "Um das hier einmal klarzustellen: Wir übernehmen nicht so einfach irgendwelche 'Wellen' oder Modetrends. Es kann zwar sein, dass wir aktuelle Trends in unserer eigenen Musik umsetzen, aber ein 'Umkippen' wirst bei uns nicht erleben."
Soweit also die Meinung vom Bandleader zu diesem Problem. Da auch gerade Sänger, Gitarrist und Songwriter Bernd Abelmann für uns greifbar war, hörten wir auch noch einmal seine Gedanken zum Thema "Trendanpassung im Metal": "Für mich sind da in erster Linie drei Dinge wichtig. Erstens: Eine Band muß kreativ sein. Zweitens: Sie muß eine EIGENE Stilistik, UNABHÄNGIG von allen anderen Einflüssen, besitzen. Und drittens: Diese Band muß in der Lage sein, fachliche Kompositionen, die vor allem das Publikumsinteresse erregen, auf die Beine stellen zu können. Gerade letzteres ist besonders wichtig, denn jede Band will Kunst für das Publikum machen und nicht nur zum Selbstzweck! Ich hoffe, daß wir das alles bei der Ausarbeitung unseres neuen Programmes auch dementsprechend berücksichtigen werden."
Wir reden ja nun schon eine ganze Weile über Euer neues Programm. Wann wollt Ihr denn dieses nun uraufführen? "Wenn alles klappt, so wie wir uns das vorstellen, dann am ersten Mai." Und in welcher Besetzung werdet Ihr dann auf Tour gehen? "VIPER wird als Quartett auf Tour gehen. Da wäre zuerst einmal Jens Katterwe. Er ist Gitarrist und Bandchef. Schreib das auch so auf: Bandchef! Der Mann ist als solcher unersetzbar und für uns sehr wichtig! (O.k., ist hiermit geschehen!) Dann wäre da der Olaf Heilmann am Bass und auch am Gesang, der Frank Jezdry am Schlagzeug, und ich, Bernd Abelmann, an der Gitarre, am Mikro und der Songwriter der Band." Du schreibst also alleine das Songmaterial von VIPER? "Den größten Teil. Zu ungefähr 80 Prozent. Und um ehrlich zu sein: Ich setz' mich da auch meistens immer durch, denn schließlich muss ich ja das alles auch singen!" Und von wem wirst Du beim Schreiben der Songs in erster Linie beeinflusst beziehungsweise woher nimmst Du Deine Inspirationen? "Wir alle haben da sehr vielschichtige Einflüsse. Ich zum Beispiel orientiere mich NICHT nur an Acts wie meinetwegen SLAYER. Ob Du's glaubst oder nicht: Meine Einflüsse beziehe ich auch von PURPLE oder aus der Klassik. Schließlich hatte ich ja auch drei Jahre lang eine klassische Ausbildung!"
All diejenigen, die glauben, dass man eine Thrash-Band in's Leben rufen kann, wenn man nur gut 'rumbrüllen kann oder mal gerade den Unterschied zwischen einem Becken und einer Trommel kennt, dürften diese Worte von Bernd Abelmann schon einmal einen kleinen D&suml;mpfer gegeben haben. Und wer glaubt, daß Thrash eine ganze Menge mit Intoleranz und musikalischen Scheuklappen zu tun hat, möchte sich die letzten Sätze dieses Small-Talks mit dem VIPER-Sänger ebenfalls ganz langsam auf der Zunge zergehen lassen.
Sollten wir uns als Fanzine neben den zweifellos in nächster Zeit in den Osten strömenden alteingesessenen westlichen Metal-Mags behaupten können, werden wir es nicht versäumen, das neue Programm von VIPER selber "Live" zu testen und auch davon zu berichten. (von Andreas Schöwe)

Info-Flyer über VIPER - Fanclub-Flyer (1991)

"VIPER", die Thrash-Band aus dem Land Brandenburg, gründete sich im August 1985 in Luckenwalde. Die musikalische Ausbildung erhielten sie an Musikschulen und bei Privatlehrern. Daß die Vier ihr Handwerk verstehen, erkannte auch die Fachpresse und honorierte es mit guten und sehr guten Kritiken (Rock Hard, Undergrund Empire, Loud 'n' Proud, Epitaph u.s.w.)
Trotz einiger Meinungsverschiedenheiten mit den damals noch regierenden Herren über "Sinn und Unsinn des METALs" setzten sich die Jungs durch, ohne sich mit den Obrigen, wie andere Bands, zu arrangieren. Nach ihrer ersten Tour durch die Ex-DDR im Sommer 89, produzierten sie im Herbst ihr Tape "Rules Of Weakness". Ein Jahr später wurde ihr zweites Tape "Cry For Justice" in den JATT-Studios aufgenommen und schaffte es auf den 2. Platz des Jahres 1990 im "ROCK HARD". "TOMB OF LIES" rangierte bei den "DT 64 POP-TOPS" 12 Wochen lang unter den "Top-Ten" und brachte es in der 13. Woche auf den 2. Platz (5. Platz im Gesamtjahres-Rückblick). Mit dem Deal beim F&F-Entertainment im Mai 91 konnte nun auch eine LP nicht länger auf sich warten lassen. Somit erscheint im November 91 die Debut-LP "BRINGERS OF DISASTER".
Besetzung (v.l.n.r.): Frank Jedrzy (dr), Sven Götze (acc-g, g), Bernd Abelmann (acc-g, g, key), Olaf Heilmann (bg, key)
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