Zeitungs-Ausschnitte: Babylon (2)

"Tendenz superschwerer Hardrock" - Zeitschrift "Melodie & Rhythmus" (1985)

Wie einige andere Formationen feiert auch die BABYLON – Band in diesem Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum. Das sie bedauerlicherweise nicht gleichfalls – wie beispielsweise "Reform" – trotz vieler Medienproduktionen auch auf mehrere Langspielplatten zurückblicken kann, hat viele Ursachen, von denen wohl eine der beiden wichtigsten ist, dass BABYLON ja erst 1979 aus dem Amateurstatus hinüber ins Profilager wechselte, somit erst halb so alt wie z.B. "Reform" ist. Die andere liegt am Rockgenre selbst, das auch weltweit und zumindest die Medienpublizistik betreffend, trotz der relativ großen Anhängerschar, zu den Minderheitengenres gezählt wird und das durch seine Wildheit und Unbändigkeit nicht immer mit der gebührlichen Aufmerksamkeit und Achtung bedacht wird. Kurz: BABYLON macht Hard –bis Schwermetallrock und zählt damit zu der leider nur geringen Zahl von Profi Bands unseres Landes, die solcherart tun. Zweifellos wird natürlich auch jeder wie immer geneigte oder gealterte, ästhetisierte oder geschmackssichere Redakteur wie Produzent stets sowohl auf die allgemeinen Unwägbarkeiten dieses Genres hinweisen wie auch auf womöglich noch vorhandene Mängel oder Unsicherheiten in der handwerklichen, technischen oder Soundspezifik einer solchen Band. Aber ohne HM–Neigung, ohne exaltierte Liebhaberei und ohne die bedingte Bereitschaft, tatsächlich HM zu profilieren, geht es nun einmal nicht.
So hatte auch BABYLON wohl eine nicht nur kurze zeitliche Distanz lang mit eigenen und nichteigenen Identifikations- und Gestaltungsproblemen zu kämpfen, Problemen, die den gerade in diesem Genre so schädlichen Kompromiss etwa mit einem allzu separaten, sauberen Gesangssound, einer allzu klinischen Mischung, einem allzu hygienischen Bass oder einem viel zu netten Text zur Folge haben und die zwangsläufig in alle Popper-Abgründe führen müssen. Glücklicherweise hat BABYLON solche Unsicherheiten ihrerseits völlig überwunden, wie mir Bandleader und Bandgründer Dieter Wiesjahn unlängst versicherte und wie ich es vor allem selbst an "Geisterstunde" und "Komm gib mir mehr", den beiden neuesten BABYLON–Stücken, erhören konnte. Vorangegangene, z.T. sehr erfolgreiche Stücke wie der Prüfungssong "Alles Gute" oder die Fetennummer "He, kommt alle rüber", aber auch "In der S-Bahn" und "Gib Gas und komm" haben diese Tendenz schon klar angedeutet, so das es eigentlich kein Wunder ist, wenn sich die Band heute klar und viel versprechend fixiert zeigt. In jedem Fall offerieren diese Songs eine professionell strukturierte, klare HM-Phraseologie, die den aktuellen Anforderungen des Genres voll gerecht zu werden scheint.
Die Wendung Superschwerer Hardrock ist daher sowohl eine treffende, von Dieter Wiesjahn formulierte Bestimmung der eigentlich alten BABYLON–Neuorientierung wie auch ihr frappanter Slogan, den man neuerlich auf ihrem Werbematerial vorfindet. Dennoch aber hat der mit einer außerordentlich soliden, langjährigen musikalischen Ausbildung versehene BABYLON–Komponist Dieter Wiesjahn mit und vor allem auch ohne seinen rührigen Org.-Leiter Lothar Heinrich für heute und für die Zukunft hinreichend zu tun. Gilt es doch, nicht nur den gefüllten Terminkalender der Band zufrieden stellend abzuarbeiten, sondern auch eine Menge Proben- und Neueinstudierungszeit zu absolvieren, d.h. den Slogan immer mehr mit Leben zu erfüllen. Das dürfte trotz aller Professionalität noch ein ganzes Stück Arbeit beinhalten, sicherlich noch an einem immer homogeneren, immer kompakteren Gruppensound zu arbeiten.
In Detlef Volquardsen (voc, keyb) hat der BABYLON–Bandleiter zweifellos einen ersten Partner, der (insbesondere nicht nur durch den Gros passabler Texte) eine wesentliche Stütze ist. Aber auch die anderen BABYLONIER mit Andrej Horvath (g), Carsten Heinrich (dr) und Hubert Ranft an der Bassgitarre machen einen so guten Eindruck, das es mir fast müßig erscheint, die Erfolgsliste der Band mit dem wirklich prächtigen Namen BABYLON herunterzurattern. Dennoch dürfte die frühzeitige Auszeichnung mit dem Titel "Hervorragendes Amateurtanzorchester der DDR", die Goldmedaille bei den Arbeiterfestspielen der DDR, die Auftritte in den Fernsehsendungen "rund" und "Stop!Rock!", die Tournee durch die UdSSR, durch Ungarn und Bulgarien, die Teilnahmen an "Rock für den Frieden", die Titelproduktionen auch bei AMIGA der Erwähnung wert sein. Unter anderen mit den Stücken "Erde halt die Balance" (Text Kurt Demmler), "Schwarzer Schnee" (Text Katharina Koch) und "Monopoli – nie mehr Krieg" (Text Kurt Demmler) dürfte BABYLON nicht nur ihre Teilnahme an "Rock für den Frieden" einige Ehre gemacht haben, wobei solche noch unerwähnten Songs wie beispielsweise die "Dschigiten-Legende", "Der Typ mit dem Radio", "Dampfmaschine", "Heiße Nächte", "Wilde Träume" oder "Sommerzeit – Wir haben Ferien" nicht weniger beachtet werden sollten. Tatsächlich ist so das gesamte BABYLON-Repertoire nicht erst seit gestern nahezu ausschließlich Eigenrepertoire, wenn auch aus Publikumsrücksichten und Neigung drei Scorpions–Songs sowie ein AC/DC–Leitsong ("Whole Lotta Rosie") im ständigen Programm enthalten bleiben. Wer die HM-Liveszene kennt, weiß wie hoch eine solche Eigenständigkeit eingeschätzt werden muss.
Zehn Jahre ist BABYLON nun jung, sechs Jahre erst ist sie eine Profi-Band in einem keineswegs einfachen Rockgenre. Ich denke, das die Band das Meiste und das Beste noch vor sich hat, das hoffentlich auch in nicht allzu ferner Zeit eine BABYLON–LP zu haben sein. Und: Die besten Wünsche zum Jubiläum! (von Walter Kutzner)

Info-Artikel zu BABYLON - Zeitschrift "Neues Leben" (1986)

BABYLON aus Berlin hat in neuer Besetzung viel vor (Dieter Wiesjahn, Gitarre; Detlef Volquardsen, Gesang; Carsten Heinrich, Schlagzeug; Hubert Ranft, Bassgitarre). Die beiden Songs "Geisterstunde" und "Wir rocken los" erscheinen auf Single; im Herbst soll eine Live-LP produziert werden. Zuvor geht es auf eine Tournee durch die VR Polen.

Rezension der LP "Dynamit" - Zeitschrift "Neues Leben" (1988)

Allein mit den Titelzeilen der zehn Songs der Debüt–Scheibe des Berliner Hard-Rock-Ensembles "Babylon" könnte man eine kleine Geschichte schreiben, die zugleich das thematische Spektrum auf den Punkt bringt. Am "Freitagabend" zünden wir "Dynamit", um mit dem "Speed King" bis zur "Geisterstunde" das "Ha-Ja-Jo" auf den Lippen, loszurocken. Das ist sie also: Die Sprache des Heavy Metal. Die Fans mussten lange auf diese Platte warten. Und keiner wird sich mehr darüber freuen, als der langjährige Spirus Rector des Unternehmens, der Gitarrist Dieter Wiesjahn. Entgegen einer früheren Verlautbarung wurden mit Amiga offensichtlich Kompromisse gemacht. Also keine Live–LP, sondern Studioaufnahmen und wieder so eine Art "The Best of …". Dennoch eine zunächst für die Dramaturgie günstige Zusammenstellung: Auf der A–Seite gibt es sämtlichst Titel von 1986, auf der B-Seite Produktionen, die 1987/88 gemacht wurden. Zwangsläufige Soundbrüche werden so nicht extrem hörbar, wenngleich beide Seiten einen recht unterschiedlichen Eindruck auf mich gemacht haben. In zwei Jahren haben sich die stilistischen Auffassungen innerhalb der Band gewandelt. Manch frühere Unentschlossenheit, die Babylon eher im Lager der Hard Rocker denn der Schwermetaller sah, scheint seit den '87er Aufnahmen aufgehoben. Heute spielt Babylon konsequent Speed– und Heavy Metal, was die Dominanz der Gitarren und die rasante Spieltechnik nur dick unterstreichen. Diese Wandlung wird natürlich beim Hören der Platte deutlich, bezogen auf die unterschiedliche Klangqualität, die Abmischungen und auch das Niveau der Texte, ihre Verständlichkeit. Auf eine einfache Formel gebracht heißt das für mich: Waren die Texte von 1986 (vorwiegend von Detlef Volquardsen) zwar akustisch verständlich, aber in Sprache und Inhalt teilweise banal bis plakativ, so scheinen mir die neueren Texte (von Michael Sellin) zwar inhaltsreicher und anspruchsvoller, aber ich verstehe sie kaum. Das ist schade, weil ich Probleme, die in einigen Titeln behandelt werden ("Tschernobyl" / "Hinter Glas" / "Auf und ab"), wichtig auch für diesen Teil der Rockmusik halte. Es mag den Abmischungen geschuldet zu sein, der allzu großen Verliebtheit in die Gitarrensounds oder auch einer gewissen Geringschätzung der Funktion und Wirkung von Texten!?
Vielleicht ist die nächste Babylon–LP dann doch eine Live–Platte, denn bei allen hörbaren Bemöhungen, bleibt mancher Song in der unbefriedigenden 4–Minuten–Zähmung stecken. (von Wolfgang Martin)

Bandvorstellung BABYLON - Zeitschrift "Iron Pages" (1988)

..... hier noch eine Bandvorstellung. Nämlich Babylon. Viel Schriftliches liegt mir ja nicht vor, desto mehr Promotionmaterial. Jedenfalls gibt es Babylon schon eine ganze Weile, da sie in ihrer Erfolgsreihe schon eine Goldmedaille bei den Arbeiterfestspielen gewonnen, sowie eine ganze Reihe Fernsehauftritte hinter sich haben. Auch sind verschiedene Lieder seit 1984 fr Amiga produziert worden. Als Single (ihre bisher einzige Veröffentlichung) ist aber nur 1986 der Titel "Geisterstunde" erschienen, auf dessen Rückseite der Mitsingrocker "Wir rocken los" steht. Dieser wird zwar von der Band als nicht besonders bezeichnet, doch weiß ich nicht warum. Er ist zwar nicht besonders hart, aber er dürfte live trotzdem gute Stimmung aufkommen lassen. Die A-Seite ist dagegen schon eher was fürs Metalherz, obwohl man Babylon wohl eher dem Heavy Rock zuordnen sollte. Eine LP ist momentan in Arbeit und dürfte so im Frühjahr-Sommer nächsten Jahres erscheinen. Es liegen also zwischen der Single und der LP dann fast 2 Jahre, was hier nicht gerade zum Erfolg beitragen würde. Aber in der DDR sind solche Wartezeiten durchaus normal. Das sie nicht in Vergessenheit geraten, dafür sorgen schon die vielen Touren, welche sie auch schon nach Ungarn, Bulgarien und in die UDSSR geführt haben. Wer mehr von der Band wissen will oder die Single haben will, sollte an Dieter Wiesjahn in Berlin (DDR) schreiben. (von Otger Jeske)
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