Zeitungs-Ausschnitte: Formel I (2)

"Musik mit heißen Motoren" - Zeitschrift "Melodie & Rhythmus" (1986)

Betrachtet man das Niveau, das sich die Berliner Rockband Formel 1 heute deutlich sicht- und hörbar erspielt hat, wird die Dynamik ihrer Entwicklung offenbar, die sie seit ihrer Gründung nahm: Fünf Jahre ist die Heavy-Formation erst alt, seit November 1983 auch erst im Profi-Status. Äußere Kennzeichen solcher Profilierung dürften allein die 16 Rundfunkproduktionen der Band sein, die mindestens eine Langspielplatte füllen könnten, auch wenn in solchem Falle frühere Stücke sicherlich der Überarbeitung bedürften.
"Weg nach oben", ein Song mit zweifelsfrei autobiographischen Zügen, "Kranich", "Mach keine Wellen" und "Eddie" sind jüngere Produktionen aus dieser Kollektion, die in letzter Zeit auf vorderen Plätzen der Rundfunkhitparaden zu finden waren, zu finden sind.
Einem Fördervertrag mit der Generaldirektion beim Komitee für Unterhaltungskunst folgten der Profistatus, eine dreimalige Teilnahme an "Rock für den Frieden" und eine Single bei AMIGA ("Mach keine Wellen" / "18 Jahre sein") sowie die Mitwirkung an einer Sampler lassen auf Weiteres hoffen! Hinzu kommen Auftritte von Formel 1 in "Profil", "rund", "STOP! Rock" und anderen einschlägigen Sendungen des Fernsehens, wenn auch die kritischen Anmerkungen zum "Schwertun" des Mediums kaum die Band selbst, sondern hier vielmehr die ungestümen Besonderheiten des HM-Genres treffen, denn: das ist eben auch international so.
Aber schon die extensiven räumlich-technischen Anforderungen eines gleichsam international herausgebildeten Konsens der großen, theatralischen Staffage für HM-Bands setzt feste, große Anforderungen wie Grenzen. Gerade hier aber hat Formel 1 sich nicht nur viel vorgenommen, sondern Beträchtliches schon erreicht: eine phantastische Bühnendekoration in Gestalt einer Tropfsteinhöhle, wie sie wohl nicht nur für unser Land einzig sein dürfte. Sie erregt jedenfalls in jüngster Zeit Aufmerksamkeit und Anerkennung nicht nur beim Publikum, sondern auch in Musikerkreisen. Jeder aber wird sich gleichzeitig auch vorstellen können, was solcherart Erweiterungen, von Konzeptionierung, Bau, Bemalung und stabiler Flexibilisierung angefangen bis hin zur damit notwendig gewordenen Steigerung der Transportfähigkeit des Band-Fuhrparks, bedeuten mögen... Allenfalls haben die Musiker von Formel 1 auf diesem wie auf anderen Gebieten noch so manches vor, wie überhaupt auffällt, daß die Band heute über ein erstaunlich präzise und klar definiertes Berufs- und Stilethos verfügt.
So bin ich selbst auch am zufriedensten mit der Band, wenn ich solche Titel höre, die die Genrespezifik quasi am reinsten ausformen, ausleben und andere, unselige Überlagerungen etwa durch ungeeignete Texte oder an sich stilfremde, melodisch-rhythmische Songstrukturierungen ausscheidet Besonders also der "Fußballfan" und "Weg nach oben", das nonverbale "Speedway" wie auch der sowieso nicht mehr so glänzende "Edelrocker" haben es mir angetan, wenn gleich auch auf anderen Songs sehr interessante, weil autonome Einzel-Phrasierungen und Riffs auftauchen, die zumeist von den beiden Leadgitarristen und/oder Baßgitarre getragen werden. Daß auf diese Weise eine allgemeine, nichtsdestoweniger prächtige Fülligkeit des Formel 1-Sounds durch die beiden Leadgitarren plus Baß quasi als längst erreicht gelten kann, ändert dennoch nichts an den durchaus noch verbleibenden Potenzen und Möglichkeiten, die eine solche HM-Gruppierung (ld-g, ld-g, b) grundsätzlich im Sinne eines extrem dialektischen, kontradiktorischen resp. kontrapunktischen Spiels in sich trägt: Ich meine hier das auch in Baß und Diskant spannungs- und energieberstende Gegenspiel in den Spitzen, wie es so herausragend etwa von AC/DC entwickelt und stimmig durchgeformt wurde. Die AMIGA-Single jedenfalls zeigt den Stand ähnlich wie etwa der Song "Speedway", der ja als Instrumentalstück die besten Voraussetzungen für die "meternde" Ausformung dieser Instrumentalsektion liefert.
Gerade in der qualitativen Differenz hinsichtlich stilistisch klarer Songstrukturierung, mit der sich "18 Jahre sein" von "Mach keine Wellen" abhebt (trotz des brillanten- Gesangssounds), zeigt sich sowohl das entwickelte Leistungsvermögen als auch ein verbleibendes Aufgabenfeld für die Band. Nächstes Projekt: Live-Konzert-Mitschnitt am 2. und 3. März im Stahlwerk Hennigsdorf für eine AMIGA-LP. Es ist hart und schwer zu vermuten, daß künftig der Formel 1-Rennstall mit dem heutigen Team um Norbert Schmidt (voc, ld), Peter Fincke (dr), Detlev Dudziak (bg,voc}, Wolfgang Densky (ld-g) und Reinhold Heß (ld-g) die schweren Motoren noch heißer laufen lassen wird. (von Walter Kutzner)

Rezension der LP "Live im Stahlwerk" - Zeitschrift "Breakout" aus der BRD (1987)

Formel I "Live im Sthalwerk" (Amiga): Stell Dir vor, Du stehst morgens um 7 Uhr im Stahlwerk an der Walzstraße und die Maschinen starten mit ihrem stampfenden Getöse. Doch dann schlägt plötzlich die ganze Lautstärke in Heavy Metal um und ab geht die Post. Ich glaube, Du würdest ausflippen. Formel I hat ihre LP wirklich im Stahl- und Walzwerk live eingespielt, allerdings im Kulturhaus vor etlichen Headbangern. Und jetzt das Besondere an Formel I: Die Band kommt aus der DDR und ist dort auch beheimatet. Umso erstaunlicher ist es, daß sich die Band dem HM verschrieben hat, obwohl man es damit im anderen Teil Deutschlands doch sehr schwer hat, wie mir Sänger Norbert Schmidt erklärte.
Formel I legen auf ihrer LP volle Kanne los. Du würdest keinen Unterschied zu westlichen Bands erkennen, würde, ja würde die Gruppe nicht in Deutsch singen. Daß aber HM auch in Deutsch originell sein kann, beweist Formel I voll und ganz. Die Musik ist stark an Iron Maiden und Judas Priest orientiert, die ja auch im Osten zu den 'Großen' gehören. Zwei Stücke, nämlich "Hallowed By They Name" (Iron Maiden) und "Breaking The Law" (Judas Priest) befinden sich denn auch auf der LP, da man auf diese Klassiker nicht verzichten wollte. Diese stehen neben eigenen Songs, wie "Der Edelrocker", "Der Wog noch oben" oder "Der Fußballfan". Aber auch die Stimmung der Fans ist ausgezeichnet, dies bekommt man besonders bei "Heavy Metal" zu hören.
Eins kann ich Euch aber versprechen, die Musiker vorstehen ihr Handwerk erstklassig und würden die Mehrzahl der westdeutschen Bands in Grund und Boden spielen. Als Fazit kann ich nur sagen, daß sich auch HM a la DDR sehen und hören lassen kann. Da die LP bei uns ja nicht zu haben ist, wird es wohl schwer sein, sich die Platte zu besorgen. Aber vielleicht habt ihr ja Freunde in der DDR.
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